Diplomatisches Tauziehen - Kirche solidarisch mit Demonstranten
Fast stündlich treffen die Meldungen aus den Schaltzentralen der lateinamerikanischen Hauptstädte ein: Ecuador, Chile, Kolumbien, Brasilien, die Gruppe von Lima unterstützen Juan Guaidó (35), der am Mittwoch, 23. Januar 2019, zum Interimspräsidenten ausgerufen worden war. Auch in Deutschland plädieren Politiker wie der Grüne Cem Özdemir oder CDU-Außenpolitiker Elmar Brok in der "Bild"-Zeitung (Donnerstag) für eine Anerkennung. Der mächtigste Verbündete sitzt aber weiter nördlich: US-Präsident Donald Trump war einer der ersten, der Guaidó das Vertrauen und die Unterstützung zusagte.
Daraufhin brach der sozialistische Präsident Nicolás Maduro die diplomatischen Beziehungen zu den USA ab, Washington konterte umgehend: Dazu habe er gar nicht mehr das Recht. Guaidó forderte, das internationale Diplomatenchor im Land zu bleiben. Aber auch Nicolás Maduro, den die USA nur noch Ex-Präsident nennen, hat einflussreiche Freunde: Russland, China, die Türkei und natürlich Bolivien, Kuba und Nicaragua stellten sich auf seine Seite. Auch Mexikos neuer linker Präsident Andrés Manuel López Obrador sprach sich für Maduro aus. Guaidó berief sich bei seinem Schritt auf die Verfassung. Die Vereidigung des im Mai unter hoch umstrittenen Umständen wiedergewählten sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro sei verfassungswidrig. Guaidó will eine Übergangsregierung und Neuwahlen durchsetzen. Der Ingenieur ist Absolvent der Katholischen Universität Andres Bello, die zu den Hochburgen der Studentenproteste gegen Maduro zählt. Am späten Mittwochabend (Ortszeit) drückte Guaidó jenen Familien sein Mitgefühl aus, die an diesem Tag ums Leben kamen. Eine Nichtregierungsorganisation spricht von insgesamt 13 Toten aus den turbulenten letzten 48 Stunden mit Protesten und Plünderungen.
Bischöfe beteiligen sich an Protestmärschen - Demonstranten suchen Schutz in Kirche
Zuvor hatten sich zahlreiche katholische Bischöfe an den überwiegend friedlichen Protestmärschen gegen die sozialistische Regierung Maduro beteiligt. Im Kurznachrichtendienst "Twitter" veröffentlichte die venezolanische Bischofskonferenz Fotos von den Bischöfen Mario Moronta (San Cristóbal), Victor Hugo Basabe (San Felipe), Luis Enrique Rojas (Merida) und Ulises Gutiérrez (Ciudad Bolivar), die sich an der Seite der Demonstranten zeigten. Maturins Bischof Enrique Pérez Lavado berichtete, Einheiten der regierungstreuen Nationalgarde hätten eine Kirche umstellt, in der 700 Gläubige nach Protesten Schutz gesucht hätten. Sie konnten einige Stunden später aber gleichzeitig und unverletzt das Gotteshaus verlassen. Zugleich erinnerten die Bischöfe in einer Stellungnahme an die historische Bedeutung des Datums: Es ist der 61. Jahrestag des Sturzes von Ex-Diktator Marcos Pérez Jiménez, der am 23. Januar 1958 ins Exil in die USA ging. Laut lokalen Medienberichten folgten im ganzen Land Hunderttausende Venezolaner dem Aufruf der Opposition, an diesem Tag gegen die Regierung zu demonstrieren. Auch in anderen lateinamerikanischen Ländern gingen tausende venezolanische Flüchtlinge auf die Straße, um gegen die Regierung zu demonstrieren.
Beim Weltjugendtag in Panama sprechen sich Exil-Venezolaner für den Regierungswechsel aus. Ein Venezolaner durchbrach bei der Fahrt von Papst Franziskus im Papamobil die Absperrung und schwenkte vor dem Fahrzeug eine venezolanischen Flagge. Die venezolanischen Bischöfe riefen das Militär auf, die Bürger zu schützen. Die neuen Proteste seien ein Zeichen der Hoffnung. Guaidó hatte im Vorfeld jenen Militärs eine Amnestie versprochen, die sich von Maduro lossagen. Auch das Maduro-Lager hatte die eigenen Leute mobilisiert. Der Regierungssender Telesur berichtete über mehrere tausend Demonstranten, die dem Aufruf Maduros folgten. Telesur nannte Guaidó später das neue Gesicht des Putsches.