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Venezuela |

Ein junger Ingenieur fordert Maduro heraus

Der selbsternannte Präsident Venezuelas Juan Guaído (2. v. l.) (Copyright: OEA - OAS, Secretary General Meets with Members of Venezuela's National Assembly, CC BY-NC-ND 2.0)

So sieht eine fulminante Karriere aus: Bis vor kurzem war Juan Guaidó den meisten Venezolanern unbekannt. Heute ist der ehemalige Studentenführer selbsterklärter Interims-Präsident des südamerikanischen Erdölstaates und damit der prominenteste Oppositionelle, der Machthaber Nicolás Maduro die Stirn bietet. Am 5. Januar erst wurde er zum Parlamentspräsidenten gewählt, nachdem alle anderen Führungsfiguren der bürgerlichen Rechten verschlissen, inhabilitiert oder inhaftiert waren. Maduro glaubte, mit dem 35-jährigen „naiven Jüngling“ ein leichtes Spiel zu haben. Doch am Mittwoch dürfte er ziemlich überrascht worden sein: Da stand nämlich ein ruhiger, selbstbewusster Guaidó in Jeans, Hemd und dunkelblauem Sakko in Caracas auf der Tribüne und ließ sich von Zehntausenden als Interims-Präsident vereidigen. Ein gewagter Schachzug, augenscheinlich abgestimmt mit den rechten Regierungen des Kontinents (USA, Kolumbien, Brasilien u.a.), die ihn sofort anerkannten. Aber trotzdem riskant. Das von Maduro kontrollierte Oberste Gericht hatte kurz zuvor die Staatsanwaltschaft angewiesen, jegliche Usurpatoren mit voller Härte des Gesetzes zu verfolgen. Und Guaidó weiß, was das bedeutet: Exil oder Isolationshaft und Folter. Vielen seiner Kampfgenossen aus der Studentenzeit an der Katholischen Universität Andrés Bello ist es so ergangen. Nach der Proklamation tauchte Guaidó denn auch erst einmal unter, schickte aber weiter munter Tweets.

Politisches Engagement als Student

Im Gegensatz zu vielen anderen Führungsfiguren der Opposition, die der wirtschaftlichen Elite des Landes angehörten, ist Guaidó Sprössling einer Mittelschichtsfamilie aus der Küstenprovinz Vargas. Einer seiner Großväter war Offizier. Er ist der älteste von sechs Geschwistern. Ein Unglück überschattete seine Jugend: 1999 kam es in Vargas zu schweren Erdrutschen nach tagelangen Regenfällen; tausende kamen dabei ums Leben, darunter viele seiner Nachbarn. Die Ineffizienz und Insensibilität der damaligen sozialistischen Regierung unter Präsident Hugo Chávez habe Guaidó empört, sagen seine Freunde. Ein Jahr danach machte er Abitur. Politisch aktiv wurde er während seines Studiums der Ingenieurswissenschaften. Dort schloss er sich der Studentenbewegung an, die 2007 mit weiß bemalten Handflächen und anderen originellen Einfällen gegen die Schließung des TV-Senders RCTV demonstrierte. 

In der Studentenbewegung ließ er charismatischeren Figuren den Vortritt. Er selbst denkt eher pragmatisch und formuliert trocken, ein Volkstribun ist er nicht. Trotzdem kämpfte er für seine Überzeugungen - auch bei den Protesten gegen eine Verfassungsänderung, die die unbegrenzte Wiederwahl von Chávez ermöglichen sollte. Es war die einzige Niederlage von Chávez an den Urnen. Die Studenten zogen damals durch die chavistischen Armenviertel und suchten – im Gegensatz zu den in den chicen Wohnvierteln verbarrikadierten Altpolitikern – den Dialog mit Regierungsanhängern. In Washington absolvierte Guaidó noch ein Zusatzstudium in Verwaltungswissenschaften. 

Mitgründer der Oppositionspartei "Voluntad Popular"

Guaidó, der mit einer Kommunikationswissenschaftlerin verheiratet ist und eine kleine Tochter hat, gehörte zu den Mitbegründern der konservativen Partei „Voluntad Popular“ unter Führung des mittlerweile unter Hausarrest stehenden Oppositionsführers Leopoldo López. 2015 wurde er in der letzten freien Wahl, die der Opposition eine deutliche Parlamentsmehrheit brachte, zum Abgeordneten gewählt. Guaidó fuhr in Vargas – bis dahin eine Hochburg der Regierung – einen klaren Sieg ein. Es war sein erster politischer Posten. Im Haushaltsausschuss befasste er sich vor allem mit Korruptionsuntersuchungen gegen Regierungsmitglieder. Privat hört er gerne Salsa und ist ein großer Baseball-Fan, dessen Fachvokabular er gerne als politische Metapher heranzieht.

Autorin: Sandra Weiss

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