Fahrradfahren erhält durch Corona einen Schub
In den Metropolen Lateinamerikas erfreut sich das Fahrrad zunehmender Beliebtheit als alternatives Verkehrsmittel. Einige Städte greifen den Trend auf und investieren ins Wegenetz.
Öffentliche Verkehrsmittel werden aufgrund der Gefahr einer Ansteckung mit dem Coronavirus von vielen derzeit gemieden. Auf dem Fahrrad lässt sich der Sicherheitsabstand mühelos einhalten. Autos und öffentliche Verkehrsmittel sind zudem für 23 Prozent der Treibhausgase verantwortlich, die Abgase führten zu Atemwegserkrankungen, heißt es in einem Beitrag des Nachrichtenportals Deutsche Welle.
Das Umsteigen auf das Fahrrad und der Rückgang des motorisierten Verkehrs haben in den großen Städten Lateinamerikas und darüber hinaus weltweit zu einer deutlichen Verbesserung der Luftqualität geführt. Für das Fahrrad sprechen aber auch eine Reihe anderer Argumente: So benötigt es wenig Raum, ist ein relativ preiswertes, nachhaltiges Verkehrsmittel, und die sportliche Betätigung fördert die Gesundheit.
Nicht nur in Costa Ricas Hauptstadt San José, sondern im ganzen Land sei der Verkauf von Fahrrädern in die Höhe geschossen, so Johnny Araya, der Bürgermeister der Hauptstadt, gegenüber Deutsche Welle. Aber auch Fahrradvermietungen erfreuten sich einer großen Nachfrage. Lediglich 15 Kilometer an Fahrradwegen gibt es derzeit in San José. Das Netz soll ausgebaut werden, damit der Trend zum Fahrradfahren sich nach der Pandemie fortsetzt. Organisationen der Zivilgesellschaft haben zahlreiche Vorschläge gemacht.
Fahrrad – das neue Statussymbol
Kolumbiens Hauptstadt Bogotá hat in den vergangenen Wochen 80 Kilometer an erst einmal zeitlich befristeten Fahrradwegen geschaffen. Schon vor Corona wurden sonntags Straßen für Autos gesperrt, um den Radlern freie Fahrt zu verschaffen. Das Fahrrad sei vom Stigma zum Statussymbol geworden, schrieb zeit.de schon vor zwei Jahren in einem Artikel über den neuen Trend.
In Ecuadors Hauptstadt Quito wurden kürzlich 63 Kilometer an Fahrradwegen neu ausgewiesen, die sich auf 18 Querachsen verteilen. In Perus Hauptstadt kommen zu neuen Radwegen ein Dutzend neuer Abstellplätze dazu, allerdings nur für jeweils 20 Fahrräder.
In Mexiko-Stadt vertritt eine "Fahrrad-Bürgermeisterin" die Interessen der Community. Mit ihren Vorschlägen für vorübergehend deutlich mehr Fahrradwege stößt Areli Carreón allerdings bislang auf taube Ohren. Sie sei sehr enttäuscht über das Nichthandeln der Stadt, erklärte die Aktivistin gegenüber der Website „Americas Quarterly“. Dabei haben ihre Pläne, die perspektivisch eine Vervierfachung der Fahrradwegnetze vorsehen, sogar prominente Unterstützung von der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Nur wer sich sicher fühlt, steigt aufs Fahrrad um
In den Städten Lateinamerikas fehlt es aber nicht nur an der Infrastruktur für den Radverkehr, sondern auch an der Sicherheit für Radfahrer. Konzepte für Verkehrserziehung hätten dies zu berücksichtigen. Sicherheit entsteht aber vor allem dadurch, dass die Geschwindigkeit der motorisierten Fahrzeuge verringert wird und Verstöße entsprechend sanktioniert werden.
Ein weiteres Beispiel für den Verkehrwandel ist Buenos Aires. Hier ist die Lebens- und Luftqualität auch dadurch gestiegen, dass derzeit 100 Straßen Fußgängern vorbehalten sind, wie das Nachrichtenportal France 24 berichtet. Zudem werden die Ladenlokale gefördert , die sich bequem zu Fuß oder auf dem Fahrrad erreichen lassen - oft sogar mit Zeitersparnis gegenüber dem Auto.
Im Nordosten Brasiliens wiederum spielt das Fahrrad eine wichtige Rolle bei der Aufklärung über Corona. In einigen Vierteln von Recife und Olinda informieren „Bicicletas da Saúde" („Gesundheitsfahrräder“) die Bevölkerung über das Virus, wie das Portal „Brasil de Fato“ berichtet. Dem Projekt geht es nicht nur um die Bekämpfung der Pandemie, sondern auch von Fake News über Corona, wie z. B. falsche oder gesundheitsgefährdende Behandlung von Erkrankten. Dabei sind die Organisatoren darauf angewiesen, dass ihnen ausrangierte Fahrräder zur Verfügung gestellt werden.