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Kuba |

Versorgungsengpässe nehmen zu

Grundnahrungsmittel wie Öl, Mehl und Eier sind derzeit nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich, aber auch bei Papier gibt es Lieferengpässe. Durch ausbleibende Erdöllieferungen aus dem krisengeschüttelten Venezuela fehlen Kuba dringend benötigte Devisen.

Kind Kuba Kita Havanna Mittagessen Adveniat

Kind beim Mittagessen in einer Kita in Havanna - Mehl, Eier, Öl und Hühnerfleisch sind in Kuba derzeit Mangelware. Foto (Symbolbild): Adveniat/Martin Steffen

Die kubanische Nationalversammlung proklamierte am Mittwoch, 10. April 2019, in einer Sondersitzung die neue Verfassung des Landes. Doch in den feierlichen Akt mischten sich auch warnende Töne. Ex-Präsident Raúl Castro, der weiterhin Vorsitzender der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) ist, rief in einer vom Fernsehen zeitversetzt übertragenen Rede die Bevölkerung auf, sich auf wirtschaftlich schwierige Zeiten einzustellen. „Es geht nicht darum, in die akute Phase der Spezialperiode der Neunziger Jahre zurückzukehren; heute haben wir ein anderes Panorama hinsichtlich der Diversifizierung der Wirtschaft, aber wir müssen auf das Schlimmste vorbereitet sein.“

Signalwort "Spezialperiode" löst Ängste aus

Bei dem Wort Spezialperiode – noch dazu aus dem Mund Raúl Castros – schrillen bei vielen Kubanern die Alarmglocken. Die Krisenjahre der 1990er, als mit dem Wegfall der Sowjetunion quasi über Nacht ein Großteil von Kubas Außenhandel wegbrach und das Land in eine tiefe Depression stürzte, sind tief im kollektiven Bewusstsein der kubanischen Bevölkerung verankert. Dass schwierige Zeiten anstehen, spüren die Kubaner aber nicht erst seit Castros Rede. In den vergangen Wochen und Monaten kam es immer wieder zu Versorgungsengpässen. Mehl, Eier, Hühnerfleisch und zuletzt Speiseöl waren nur auf dem Schwarzmarkt und zum Teil noch nicht einmal dort aufzutreiben. Wirtschaftsminister Alejandro Gil Fernández begründete die Versorgungslage bei Hühnereiern mit Problemen beim Import von Vogelfutter. Der Mangel an Speiseöl wiederum hatte mit Schäden in einer Fertigungsanlage zu tun, die mittlerweile aber behoben seien. Insgesamt gibt die Karibikinsel jedes Jahr rund zwei Milliarden US-Dollar für Lebensmittelimporte aus. Drei Viertel aller Lebensmittel müssen eingeführt werden – ein hoher Posten im ohnehin klammen Staatshaushalt.

Ausbleibende Erdöllieferungen aus Venezuela werden zum Problem

Vor allem die wirtschaftliche und politische Krise von Kubas engstem Verbündeten Venezuela macht sich zunehmend auch auf der Insel bemerkbar. Die Erdöllieferungen durch Caracas sind um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Früher hat Kuba das nicht selbst verbrauchte Öl auf dem Weltmarkt weiterverkauft; diese Zusatzeinnahmen fallen nun weg. Experten zufolge müsste Kuba rund zwei Milliarden US-Dollar im Jahr zusätzlich aufbringen, um den Eigenbedarf zu decken, sollte die venezolanischen Öllieferung komplett wegbrechen. Genau das planen Venezuelas selbsternannter Interimspräsident Juan Guaidó und seine Verbündeten in Washington. Erst in der vergangenen Woche verhängten die USA Sanktionen gegen Schifffahrtsunternehmen sowie Tanker, die Öl von Venezuela nach Kuba transportieren. Mitte März hatte Washington bereits eine bisher suspendierte Klausel des Helms-Burton-Gesetzes teilweise aktiviert. Damit können kubanische Unternehmen, die nach der Revolution beschlagnahmten und verstaatlichten Besitz nutzen, nun vor US-Gerichten auf Schadensersatz verklagt werden. Ausländische Unternehmen sind davon noch bis Ende April ausgenommen. Anfang der Woche kündigte die Trump-Administration zudem eine historische Übereinkunft zwischen der US-Profiliga Major League Baseball (MLB) und Kubas Baseballverband, die es US-Klubs erlaubt hätte, kubanische Spiele legal unter Vertrag zu nehmen. Dies ist bisher aufgrund der US-Blockadegesetzgebung untersagt. Um Havanna unter Druck zu setzen, seine Unterstützung für die Regierung Nicolás Maduro aufzugeben, dreht die US-Regierung kräftig an der Sanktionsschraube. Castro aber machte in seiner Rede vor dem Parlament klar, dass Kuba seine Solidarität mit Venezuela nicht aufgeben werde. 

Diversifizierte Handelsbeziehungen und privatwirtschaftliche Initiativen

Die verschärften Sanktionen durch den Nachbarn im Norden stiften jedoch vor allem bei potentiellen Investoren Unsicherheit. Kuba versucht seit einigen Jahren mit einer Sonderwirtschaftszone in Mariel vor den Toren Havannas sowie einem Auslandsinvestitonsgesetz ausländisches Kapital anzulocken, bleibt hinter den selbst gesteckten Zielen bisher aber weit zurück. Auch wenn ein Wegfall von Venezuela die Wirtschaft Kubas hart treffen würde, gibt es einige Gründe, die gegen die These einer neuerlichen Spezialperiode sprechen. So ist Venezuela zwar weiterhin Kubas wichtigster Handelspartner, aber der bilaterale Handel zwischen beiden Ländern macht heute nur noch ein Viertel gegenüber 2012 aus. Kuba versucht seine
Wirtschaftsbeziehungen zu diversifizieren. Die Europäische Union, allen voran Spanien, Frankreich und Holland, aber auch Russland, China, oder Länder wie Japan und Katar haben an Bedeutung gewonnen. Die reduzierten Ölimporte aus Venezuela versucht Havanna durch Lieferungen aus Algerien oder Russland zu ersetzen und zudem erneuerbare Energien auszubauen. Im Vergleich zu Beginn der 1990er spülen nunmehr Tourismus und der Export von Ärzten und medizinischen Dienstleistungen Devisen in die Staatskasse. Zudem gibt es heute einen Privatsektor, in dem mehr als eine halbe Million Kubaner beschäftigt sind. 

Ungewisse Aussichten

Es würden Entscheidungen getroffen, um die Wirtschaft angesichts der zahlreichen „neuen Hindernisse, die uns die Verschärfung der Blockade auferlegt“ zu wappnen, so Castro, aber „wir müssen wachsam und uns bewusst sein, dass wir mit zusätzlichen Problemen konfrontiert sind und dass sich die Situation in den kommenden Monaten verschlimmern könnte.“ Kubas Aussichten bleiben ungewiss.

Autor: Andreas Knobloch

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