Opfer der Colonia Dignidad erhalten Entschädigung
Die Opfer der Colonia Dignidad in Chile sollen zügig entschädigt werden. Eine Kommission aus Bundestag und Bundesregierung stellte am Freitag in Berlin ein entsprechendes Hilfesystem vor. Danach wird ein Hilfsfonds eingerichtet. Finanzielle Leistungen an die Opfer sollen bis zu einer Obergrenze von insgesamt 10.000 Euro pro Person für den Zeitraum von 2019 bis 2024 Euro geleistet werden. Zudem sollen Anlauf- und Beratungsstellen eingerichtet werden. Die Kommission geht von einem Finanzierungsbedarf in einer Größenordnung von 3,5 Millionen Euro aus.
Zudem soll es einen Fonds "Pflege und Alter" für die Opfer geben, die keinen Zugang zum deutschen Sozialsystem haben. Nach Angaben der Kommission gibt es noch rund 240 Betroffene, von denen rund 80 in Deutschland leben. Mit der Umsetzung des Hilfsfonds soll die Internationale Migrationsorganization (IOM) beauftragt werden. "Wir haben einen Weg gefunden, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen", erklärte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Niels Annen. Die Bundesregierung trage "keine direkte Verantwortung" an den Geschehnissen in der Colonia Dignidad, sie habe aber eine moralische Schuld. Der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand (CDU), sprach von einem "Versagen und Skandal" in der Vergangenheit. Die Colonia Dignidad sei eine "Horrorkolonie mit einem pädophilen Sadisten an der Spitze" gewesen. Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast betonte, das Ergebnis sei "akzeptabel". Deutschland habe Schuld auf sich geladen, zumindest die Strukturen der Colonia Dignidad seien unterstützt worden.
Die Colonia Dignidad wurde Anfang der 60er Jahre von dem gebürtigen Bonner Paul Schäfer (1921-2010) in Chile gegründet. Auf der Anlage rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago versprach der aus einem freikirchlichen Umfeld stammende Laienprediger seinen Anhängern ein "urchristliches Leben im Gelobten Land". Tatsächlich führte Schäfer ein diktatorisches Regime und schottete die Sektenmitglieder von der Außenwelt ab. Zu den Verbrechen zählten unter anderem Freiheitsberaubung, Zwangsarbeit und Sklaverei, Kindesmissbrauch, Körperverletzung, Folter und Verabreichung von Psychopharmaka ohne medizinische Indikation. Während der Militärdiktatur (1973-1990) wurden in der Colonia Dignidad Hunderte Regimegegner vom chilenischen Geheimdienst gefoltert und Dutzende ermordet.