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Bolivien |

Morales-Anhänger ist neuer bolivianischer Parlamentschef

Der Machtkampf in Bolivien geht weiter. Ex-Präsident Morales ist im Exil, die Interimspräsidentin will ihn von Wahlen ausschließen. Aber im Parlament hat Morales' Partei die Mehrheit. Die Gewalt auf den Straßen hält an.

Demonstration von Morales-Unterstützern am Donnerstag in La Paz. Foto: picture-alliance/AP Photo/N. Pisarenko

In Bolivien ist es erneut zu Zusammenstößen gekommen. Anhänger des zurückgetretenen Präsidenten Evo Morales setzten in der Nacht die Wohnung eines indigenen Führers der Landarbeitergewerkschaft in Brand, der Morales kritisiert hatte. Am Mittwoch waren im Department Santa Cruz im Osten des Landes zwei Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern von Morales, Unterstützern der neuen Interimsregierung und den Sicherheitskräften erschossen worden. Damit stieg die Zahl der Todesopfer bei den seit drei Wochen andauernden Unruhen auf insgesamt zehn.

Zugleich gab es aus dem Lager der Partei von Morales, "Bewegung zum Sozialismus" (MAS), Signale der Kooperationsbereitschaft. Das Abgeordnetenhaus in La Paz wählte MAS-Fraktionschef von Daniel Choque zu seinem neuen Vorsitzenden. Sein Vorgänger war am Sonntag inmitten der Proteste gegen Morales zurückgetreten. Choque bezeichnete die Entwicklung, die zum Rücktritt von Morales führte, als Staatsstreich. Er erklärte sich aber zugleich zur Zusammenarbeit mit der Interimsregierung bereit, um die Neuwahlen zu organisieren. Die Abgeordnetenkammer wolle die Befriedung Boliviens, erklärte er. Choque kündigte eine Gesetzesvorlage an, mit der das Militär nach dem Machtwechsel in die Kasernen zurückgeschickt und die öffentliche Sicherheit wieder allein der Polizei überlassen werden soll.

In der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, war die zweite Vizepräsidentin der Kammer, Jeanine Añez, am Dienstag in Abwesenheit der MAS-Mehrheit zur Interimspräsidentin ernannt worden. Das Verfassungsgericht billigte anschließend diese Machtübernahme. Die Politikerin aus dem wohlhabenderen und konservativen Tiefland Boliviens hatte sich mit einer großen Bibel in den Händen den Weg ins Parlament gebahnt. Die 52-Jährige muss innerhalb von 90 Tagen eine Neuwahl organisieren. Sie ist eine scharfe Kritikerin von Morales. Der sozialistische Ex-Staatschef könne bei der anstehenden Wahl nicht kandidieren, erklärte sie nun vor Journalisten. Grund sei, dass eine vierte Amtszeit in Folge ausgeschlossen sei.

"Schwachköpfe", "Verbrecher" und "Mörder"

In der Vergangenheit hatte Añez die Anhänger von Morales, von denen viele zur indigenen Bevölkerung gehören, auf Twitter als "Schwachköpfe", "Verbrecher" und "Mörder" bezeichnet. In älteren Twitter-Einträgen kommentierte Añez das Neue Jahr der indigenen Aymara, das jährlich im Juni gefeiert wird, und bezeichnete dabei die indigene Bevölkerung in einem inzwischen gelöschten Tweet als Satanisten. "Niemand ersetzt Gott!", schrieb sie. Oder: "Ich träume von einem Bolivien frei von indigenen Riten. Die Stadt ist nichts für Indios. Sollen sie doch zurück ins Hochland gehen." In Bolivien sind mehr als 60 Prozent der Bevölkerung Indigene.

US-Außenminister Mike Pompeo begrüßte es auf Twitter, dass Añez die Rolle der der Interimspräsidentin in einer Zeit großer Verantwortung angenommen habe. Es sei notwendig, dass eine zivile Führung in Bolivien erhalten bleibe.

Morales hatte nach Vorwürfen des Wahlbetrugs und darauffolgenden Massenprotesten seinen Rücktritt angekündigt und war ins Exil in Mexiko gegangen. Von dort aus rief er zu einem "Friedensdialog" für Bolivien auf und bat die Vereinten Nationen und Papst Franziskus dabei um Hilfe. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der spanischen Zeitung "El Pais" erklärte Morales, rechtlich sei er noch immer Präsident, weil das Parlament seinen Rücktritt noch nicht offiziell gebilligt habe. Morales stand als erster Präsident aus der indigenen Bevölkerungsgruppe 14 Jahre lang an der Spitze des südamerikanischen Landes.

Die internationale Reaktion auf die Krise in Bolivien ist gespalten. Während sich linkgerichtete Verbündete Morales' Interpretation anschlossen, er sei Opfer eines Putsches geworden, wurde sein Rückzug in anderen Ländern als gut für die Demokratie gelobt. Übergangspräsidentin Añez ist bisher von den USA, von Großbritannien, Brasilien und Kolumbien anerkannt worden. Russland, unter Morales ein wichtiger Verbündeter Boliviens, erklärte sich zur Zusammenarbeit mit Añez bereit, bemängelte aber ihre fehlende Mehrheit im Parlament.

UN-Generalsekretär António Guterres schickete einen Sondergesandten ins Land. Er habe den Franzosen Jean Arnault gebeten, mit allen Beteiligten zu sprechen und die Unterstützung der Vereinten Nationen bei der Suche nach einer friedlichen Lösung der Krise anzubieten, sagte Guterres laut seinem Sprecher in New York. Arnault, der zuvor unter anderem bereits als Sondergesandter für Kolumbien, Afghanistan und Guatemala gearbeitet hatte, werde noch am Donnerstag nach Bolivien reisen. Guterres sagte, er sei weiter sehr besorgt über die Lage in Bolivien. Er rief alle Beteiligten in dem südamerikanischen Land zur Zurückhaltung und zum Gewaltverzicht auf.

Quelle: Deutsche Welle, stu/uh (dpa, kna, afp, rtr)

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