Dokumentation: "Die Wilden in den Menschenzoos"
Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an bis zum Zweiten Weltkrieg wurden in Europa, den USA und in Japan Menschen aus fernen Ländern als "primitive Wilde" wie exotische Tiere zur Schau gestellt. Die Ausstellungen waren ein weltweites Phänomen. Über ein Jahrhundert lang präsentierte man rund 35.000 Menschen in Zoos, Tierparks oder im Zirkus, in Theatern und Anatomiesälen als Objekte der Schaulust.
Rechtfertigung einer Rassenhierarchie
Der Dokumentarfilm von Bruno Victor-Pujebet und Pascal Blanchard zeichnet nach, wie durch diese "Menschenzoos" der Rassismus populär und alltäglich wurde. Die Besucher kamen, um immer exotischere, immer furchterregendere Wilde zu sehen, die entsprechend in Szene gesetzt wurden. Kinder, Frauen und Männer wurden zur Schau gestellt, um eine Hierarchie der "Rassen" zu fördern und um die Kolonialisierung der Welt zu rechtfertigen.
Zum ersten Mal ruft ein Film jenes verdrängte Kapitel der Menschheitsgeschichte in Erinnerung und zeichnet das Schicksal von sechs solcherart missbrauchten Personen nach. Es handelt sich um Petite Capeline, eine Ureinwohnerin aus Feuerland, um den australischen Aborigine Tambo, einen Mann namens Moliko aus Französisch-Guayana, den Pygmäen Ota Benga aus dem Kongo, den Wolof Jean Thiam aus dem Senegal sowie Marius Kaloie, einen Kanaken aus Neukaledonien. Ihre Geschichte wurde dank der Arbeit von Historikern und mit Hilfe der Unterstützung ihrer Nachkommen rekonstruiert.
Schicksale biographisch rekonstruiert
Die Berichte über ihre Schicksale bilden das Phänomen der Völkerschauen in ihrem historischen Kontext des Aufstrebens und der Entwicklung der großen Kolonialmächte ab. Anhand von Analysen und Kommentaren beleuchtet der Dokumentarfilm dabei eindrücklich auch die Ursprünge des Rassismus am Übergang von einem angeblich wissenschaftlichen Rassismus (1850) zum Alltagsrassismus (1930).
"Die Wilden" in den Menschenzoos", Dienstag, 5. April, 20.15 - 21.50 Uhr, Arte.