Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Ecuador |

Zunahme des Menschenhandels

In Ecuador hat der Menschenhandel zwischen 2005 und 2009 um 1.000 Prozent zugenommen. Immer häufiger werden Flüchtlinge zu Opfer von Menschenhändlern. Verónica Supliquicha koordiniert bei der Stiftung Fundación Nuestros Jóvenes (FNJ) ein Programm gegen Menschenhandel. Es bestehe dringender Handlungsbedarf, mahnt Supliquicha im Interview.

Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ist Ecuador sowohl Transitland, als auch Herkunfts- und Zielland des Menschenhandels. Die Opfer werden sexuell ausgebeutet und finden sich in sklavenähnlichen Arbeitsverhältnissen wieder. Wie begegnet das Land diesem Problem und worin bestehen die größten Herausforderungen?

Ecuador verfügt mit dem nationalen Plan gegen den Menschenhandel über ein Instrument, um Maßnahmen der Vorsorge, des Schutzes und der Verfolgung dieses Delikts zu entwickeln. Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft und internationale Institutionen werden in diesen Plan mit einbezogen. Er entspricht der Verfassung und dem nationalen Entwicklungsplan. Doch die Umsetzung erfolgt nur schleppend und hält mit der Entwicklung nicht schritt.

Weshalb haben die Fälle von Menschenhandel in Ecuador so stark zugenommen?

Dafür sind viele Faktoren verantwortlich. Es steigt die Zahl der Anzeigen, weil immer mehr Menschen wissen, dass es sich dabei um eine Straftat handelt. Doch aufgrund der Wirtschaftskrise in Lateinamerika hat die Zahl von Personen auf der Suche nach Arbeit zugenommen. Sie nutzen dafür die Netzwerke von Menschenhändlern. Die strukturelle wirtschaftliche Krise Ecuadors führt dazu, dass die schwächsten Sektoren nach dauerhaften Lösungen für sich suchen und dabei werden sie zur Beute dieser Netzwerke. Durch das Internet und andere Technologien werden heute Orte, an denen Ausbeutung erfolgt, leicht bekannt und beworben

Was haben Sie mit der Kampagne "Mein Einsatz für eine Gesellschaft ohne Menschenhandel" erreichen können?

Die Kampagne des vergangen Monats hat in jedem Fall zur Meinungsbildung in der öffentlichkeit beigetragen. Wir hatten Gespräche mit Mitarbeitern der Polizei und den neuen Verantwortlichen des Justizministeriums, das federführend beim nationalen Plan gegen Menschenhandel ist. Auch Schulen und Gemeindevertreter waren involviert. Dadurch konnten auch Arbeitsgruppen zum Thema gegründet werden. Das Justizministerium hat sich dazu verpflichtet, die Umsetzung des Plans gegen Menschenhandel voranzutreiben. Die Polizei wiederum versprach, zügig Sondereinheiten für diese Art von Delikten zu gründen. Diesem Versprechen ist die Polizei bereits nachgekommen.

Ecuador ist beim Menschenhandel mit dem Ziel der sexuellen Ausbeutung mittlerweile vor allem Zielland geworden. Aus welchen Ländern stammen die Opfer, die befreit werden konnten?

Die meisten Opfer kommen aus dem ländlichen Ecuador. Dort, wo unsere Stiftung direkt tätig ist, handelt es sich vor allem um Personen der ländlichen Küstenregion, in denen es kaum Bildungsmöglichkeiten gibt und extreme Armut herrscht. Mit großer Sorge nehmen wir allerdings zur Kenntnis, dass es sich bei den Opfern zunehmend um Flüchtlinge aus dem Ausland handelt. In der Region Sierra, im zentralen Norden des Landes, werden vor allem Indigene beim Arbeiten ausgebeutet; die Durchlässigkeit der Grenzen nach Norden und Süden erklärt diese Situation. Dringend erforderlich ist eine landesweite Untersuchung zu diesem Problem. Wir müssen besser darüber Bescheid wissen, wie Menschenhändlerringe agieren, um entsprechende politische Maßnahmen ergreifen zu können.

Wie ist die Haltung der ecuadorianischen Gesellschaft zu diesem Thema?

In der ecuadorianischen Gesellschaft ist man vor allem empört. Kampagnen sind wichtige Maßnahmen, doch Informationskampagnen allein reichen nicht aus. Jeder und jede muss verstehen, vor welchem sozialen, politischen und wirtschaftlichen Hintergrund sich der Menschenhandel entwickelt. Leider beobachten wir, dass Behördenvertreter, Polizisten und andere Amtsträger in den Menschenhandel verwickelt sind. Die Netzwerke nutzen häufig bestehende Strukturen des Staatsapparates. Das macht es schwerer, die kriminellen Strukturen zu zerschlagen.

Das Interview führte Tatiana Felix (Adital), deutsche Bearbeitung: Bettina Hoyer

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