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Peru |

Weißes Personal nach vorn, andine Angestellte nach hinten

Wer denkt, der wirtschaftliche Aufschwung habe jene Gräben zugeschüttet, welche die Peruaner am Arbeitsplatz nach Hautfarbe und Nachnamen trennte, der irrt. Andine und Schwarze verdienen nur halb so viel wie Weiße. Und nicht nur das. Wilfredo Ardito Vega über eine Studie der Universität Pacífico.

Weiße verdienen mehr

Falls jemand erwartet hätte, dass das Wirtschaftswachstum der letzten Jahre bewirkt hätte, die Gräben zu überwinden, die die Peruaner nach Hautfarbe und Nachnamen trennen ‒ Studien des Forschungszentrum der Universität Pacífico (CIUP) belegen, dass dem nicht so ist.

Vor einigen Wochen wurde in dem von der CIUP organisierten Seminar „Diskriminierung in Peru: Zwischen Staat und Markt" konstatiert, dass weiterhin erhebliche Bildungsunterschiede zwischen Weißen auf der einen Seite und der andinen, amazonischen und schwarzen Bevölkerung auf der anderen Seite bestehen. Und handelt es sich zudem noch um Frauen aus der andinen oder amazonischen Bevölkerung, ist das Risiko, deshalb ausgeschlossen zu werden, noch einmal 30 Prozent größer. Ein anderes Ergebnis ist: Weiße verdienen im Allgemeinen anderthalb Mal so viel, wie Personen aus der andinen Bevölkerung.

Doch die Forscher gaben sich nicht mit diesen schlichten Daten zufrieden. Sie wollten auch herausfinden, ob es sich lediglich um das Ausgeschlossensein handelt, ein strukturelles Problem, dass sich beispielsweise in der schlechten Schulbildung widerspiegelt, die andine Kinder erhalten oder ob auch Diskriminierung mit im Spiel ist. Die Forscher wollten als wissen, ob eine schwarze oder andine Person mit derselben Qualifikation für die gleiche Arbeit schlechter bezahlt oder gar nicht erst eingestellt wird.

Europäischer Nachname und weiße Hautfarbe

Um das herauszufinden, schickte eine Forschergruppe erfundene Lebensläufe an potentielle Arbeitgeber. Dabei stellte sich heraus, dass Personen mit europäischen Nachnamen und weißer Hautfarbe größere Chancen hatten, für eine Arbeit ausgewählt zu werden als ihre Mitmenschen mit andinen Nachnamen. Das ist vor allem bei ungelernten Tätigkeiten wie Portiers, Gepäckträgern oder Chauffeuren der Fall. Andine Frauen hatten sowohl als ausgebildete wie als ungelernte Bewerberinnen kaum Chancen.

Ein Ergebnis der Studie ist zudem, dass es auf dem Arbeitsmarkt eine „statistische Diskriminierung“ und eine „Diskriminierung durch Bevorzugung" gibt. Mit der statistischen Diskriminierung sind Vorurteile über die Bewerber gemeint, die anhand bestimmter Statistiken zustande kommen. Zum Beispiel, dass ein Absolvent der Universität Católica besser ausgebildet ist, dass ein 40-jähriger Bewerber körperliche Beschwerden hat oder dass Frauen wegen ihrer familiären Verpflichtungen immer wieder ausfallen. Mit Generalisierungen wie „Ich will keinen Lebenslauf von Bewerbern über 30“ werden die Auswahlverfahren abgekürzt.

Auswahl nach persönlichem Gusto

Bei der Diskriminierung durch Bevorzugung wünscht der Arbeitgeber, dass seine Angestellten bestimmten Kriterien entsprechen. Wir wissen, dass diese Form der Diskriminierung im öffentlichen Sektor weit verbreitet ist, doch die Forschungen bestätigen sie für den Wirtschafts- und Finanzsektor.

So erklärte mir kürzlich ein Anbieter von Versicherungen, dass in seinem Unternehmen die weißen Vertreter mit italienischen Nachnamen die höchsten Kommissionen erhielten. Andine Angestellte werden häufig für Arbeiten ohne Publikumsverkehr eingestellt, während die hellhäutigsten Angestellten nach außen hin das Gesicht des Unternehmens repräsentieren sollen. "In keinem Unternehmen wirst du leitendes Personal finden, dass weniger als 1,70 Meter groß ist“, kommentiert ein Ingenieur den Fakt, dass die Körpergröße auch ein Kriterium dafür ist, ob man jemand Job bekommt oder nicht.

Bestehende Gesetze unbekannt

Diese Ergebnisse werden komplettiert von Untersuchungen über die Laufbahn von Absolventen der CIUP. Diejenigen aus reichen Familien und mit Zugang zu bestimmten sozialen Kreisen hatten die bestbezahlten Jobs ergattert. Frauen, Schwarze und Andine können zwar auch auf eine Anstellung gelangen, doch sind ihre Aufstiegschancen begrenzt. Zudem wird aus den Studien deutlich, dass zunehmendes Alter ein hemmender Faktor für das berufliche Fortkommen ist. Ein absolutes Tabu ist zudem auch die sexuelle Orientierung.

Gesetze, die vor Diskriminierung am Arbeitsplatz schützen sollen, gibt es bereits seit vielen Jahren. Das Arbeitsministerium hat allerdings wenig dafür getan, sie bekannt zu machen. Ausdruck dessen ist die Veröffentlichung eines Artikels von Inés Temple, einer sehr gewichtigen Stimme in der Geschäftswelt, im April dieses Jahres. In ihrem Text tritt sie dafür ein, Angestellte nicht aufgrund ihres Alters zu diskriminieren. Allerdings behandelt sie dieses Thema als sei dies lediglich eine Frage der Moral.

Die Stadt Lima: kein Sicherheitspersonal über 40 Jahre

Obendrein hat die Stadt Lima in der Stellenanzeige für die Suche nach städtischem Sicherheitspersonal und den Zivilschutz (Serenazgo, CAS N° 540 - 2011 – MML-GA-SSG) vom 23. September dieses Jahres den Passus untergebracht, dass sich nur Personen bis 40 Jahre bewerben dürfen ‒ als wären 41-Jährige unfähig, ein Moped zu fahren oder eine Trillerpfeife zu benutzen.

Doch obwohl Diskriminierung in der Arbeitswelt weit verbreitet ist, wird dies von Arbeitgebern und sogar von einigen Angestellten abgestritten. Daher sind gründliche Untersuchungen über das Ausmaß der Benachteiligung dringen nötig. Die Studien der CIUP sind hoffentlich ein erster Schritt, um politische Maßnahmen voranzubringen, die der Diskriminierung Einhalt gebieten und sie bestrafen.

Autor: Wilfredo Ardito Vega in Adital; Deutsche Bearbeitung: Bettina Hoyer

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