Vor Freihandelsverhandlungen mit EU: Mercosur isoliert Venezuela
Der seit Wochen schwelende Machtkampf im Regionalbündnis "Gemeinsamer Markt des Südens (Mercosur) hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Die vier Gründungsmitglieder des 1991 ins Leben gerufenen Binnenmarkt-Projektes Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay hatten Mitte der Woche bekannt gegeben, dass Venezuela die turnusmäßige, nach alphabetischer Reihenfolge bestimmte Mercosur-Präsidentschaft nicht ausüben werde, so Nachrichtenagenturen am Mittwoch, 14. September 2016.
"Wir haben die Schwierigkeiten im Mercosur, die durch die Möglichkeit einer Präsidentschaft Venezuelas hervorgerufen wurden, endlich gelöst", teilte in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch Brasiliens Außenminister José Serra über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Einstimmig hätten die Gründungsstaaten beschlossen, dass "Venezuela die Präsidentschaft nicht erhält", so der Politiker der konservativen Temer-Regierung. Den Vorsitz würde eine "Koordinierungskommission" übernehmen mit je einem Vertreter der Gründungsmitglieder.
Nach Regierungswechseln in Argentinien und Brasilien hatten die wirtschaftsliberal-konservativen Administrationen gegenüber dem linksregierten Venezuela eine ablehnende Haltung eingenommen, und sich mit Paraguay gegen eine Präsidentschaft des Mercosur-Vollmitglieds gestellt. Nach anfänglichem Zögern war auch Uruguay gegen Venezuelas Präsidentschaft. Als Begründung wird die Nichteinhaltung von Mercosur-Statuten wie Marktöffnung und Menschenrechte aufgeführt.
Werde Venezuela bis zum 2. Dezember "die Verpflichtungen, zu denen es sich mit dem Beitritt verpflichtet hat, nicht einhalten, wird es vom Mercosur ausgeschlossen", twitterte Serra. Venezuelas Außenministerin Delcy Rodríguez nannte diese Forderungen eine "juristische List", um ihr Land aus dem Bündnis zu drängen. Am Freitag verhandeln Mercosur-Vertreter mit der Europäischen Union über den Abschluss eines Freihandelsabkommens. (bb)
Foto: Hamner_Fotos,CC BY 2.0 (Zuschnitt).