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Kolumbien |

Thema zum Weltfrauentag: Pädagogik auf dem Babystrich

Prostituierte an einer Straßenecke. Foto: Escher/Adveniat.
Prostituierte an einer Straßenecke. Foto: Escher/Adveniat.

Er schüttelt Hände, nimmt sich Zeit und hört den Mädchen vom Babystrich in Medellin zu: Professor Hartwig Weber (68) wirkt nicht nur wegen seiner in Kolumbien exotisch wirkenden weißen Haare wie ein Besucher aus einer anderen Welt. "Wir sind hier, um uns um die Mädchen zu kümmern, um die sich sonst niemand Gedanken macht", sagt der Theologe von der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Gemeinsam mit der Don-Bosco-Schwester Sor Sara hat er das Projekt "Patio13" gegründet, in dem sich angehende kolumbianische Lehrer für Straßenkinder engagieren. Ziel ist es, den Mädchen vom Babystrich Halt in ihrem von Gewalt, Drogenkonsum und sexueller Ausbeutung geprägten Alltag zu geben.

Der Babystrich von Medellin befindet sich an der Metrostation Prado. Genau hier beginnt auch das pädagogische Konzept, das speziell auf die Bedürfnisse der Kinder zugeschnitten ist. Die Kinder malen Bilder und erzählen damit Geschichten. Das schafft die Basis für anschließende Gespräche, in denen die angehenden Lehrer mehr über die Kinder erfahren. "Wir glauben, dass künftige Lehrer, die sich mit der Situation von Straßenkindern aktiv auseinandersetzen, ihren Beruf anders ausüben, als wenn sie diese Erfahrung nicht machen", sagt Weber.

Prostituierte flohen vor Gewalt in Familien

Für viele Pädagogikstudenten ist die Projektarbeit in Medellin der erste Kontakt mit der extremen Armut und Aussichtslosigkeit der Teenager. Viele der minderjährigen Prostituierten sind mit ihren Familien vor der Gewalt und dem Drogenkrieg in Kolumbien geflohen und an die Stadtränder der kolumbianischen Großstädte gespült worden.

Verantwortlich für die Vertreibungen sind linksgerichtete Guerilla-Gruppen und rechtsgerichtete Paramilitärs. "Weil Land für Drogenanbau benötigt wird, werden täglich Menschen vertrieben. Diese Binnenflüchtlinge landen dann in den Armenvierteln mit all den sozialen Problem dort. Viele Kinder fliehen vor häuslicher Gewalt und versuchen sich auf der Straße durchzuschlagen", berichtet Weber. Dann beginnt ein Teufelskreis: Die Mädchen nehmen Drogen und gleiten in die Prostitution ab, werden von Drogendealern und Zuhältern ausgebeutet.

Mädchen werden oft Opfer von Gewalttaten und verschwinden

Weber kennt die Szene seit Jahren und ist auch heute noch erschüttert. "Wir sind nicht das ganze Jahr über bei den Kindern. Wenn wir nach der Pause wiederkommen, sind viele von ihnen verschwunden. Oft werden sie Opfer von Gewalttaten, weil sie nicht genügend Drogen verkauft haben oder in rivalisierende Bandenkämpfe verstrickt sind. Viele Kinder sterben früh und werden nicht älter als 17, 18 Jahre."

Eine Chance, die Mädchen aus diesem Teufelskreis zu befreien, bietet sich, wenn sie ungewollt schwanger werden. "Das ist die Phase, in der sie sich auch Gedanken über den Tag hinaus machen und so etwas wie einen Plan für die Zukunft entwickeln - denn sie wollen das Kind behalten", so Weber. Die Realität holt die Kindermütter aber schnell wieder ein. Können sie keinen eigenen Wohnsitz vorweisen, wird ihnen das Kind von den Behörden weggenommen. Die jungen Mütter landen dann schnell wieder auf der Straße, und der Kreislauf beginnt von vorn.

Für Europäer sei das nur schwer vermittelbar, sagt Weber. Aber für ihn ist es bereits ein Erfolg, Präsenz zu zeigen und eine kleine Lebensspanne mit den Mädchen zu teilen. "Wir wollen Ihnen ein Gesprächsangebot liefern; wir wollen jemand sein, mit dem sie über das sprechen können, was sie bewegt." Sor Sara von den Don-Bosco-Schwestern drückt es anders aus: "Jeder Mensch ist es wert, dass man sich um ihn kümmert. Und ganz besonders diese Mädchen."

Quelle: KNA, Autor: Tobias Käufer.

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