Streit um Grenzen
Auf den nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Bolivien und Chile lastet das Erbe des Salpeter-Krieges von 1879. Am Sonntag beschwerte sich Boliviens Außenminister David Choquehuanca, Chile würde den 1904 abgeschlossenen Friedensvertrag der einstigen Kriegsgegner nicht respektieren, der garantierte „freie Verkehr“ sei nicht gewährleistet. Erst hätten chilenische Unternehmen 1996 den Reiseverkehr zwischen Boliviens Hauptstadt La Paz und der Pazifikküste eingestellt, dann habe es 2002 einen Stopp für den Transport bolivianischer Waren gegeben. „Darum gehen wir davon aus, dass Chile den Vertrag nicht nur nicht einhält, sondern die Erfüllung des Vertrags von 1904 sogar verhindert“, beklagte Choquehanca die durch den Unternehmer-Rückzug gestiegenen Kosten für Boliviens Exportwirtschaft.
Auch andere Unregelmäßigkeiten geben Anlass zur Klage. So hat Chile strategisch wichtige Trinkwasserquellen umgeleitet, die statt ins bolivianische Territorium auf eigener Seite der 1904 festgeschriebenen Staatsgrenze verbleiben. Seit den 1930er Jahren wird der Fluss Río Lauca abgezweigt, um auf chilenischer Seite das Tal von Azapa zu bewässern, was in der Vergangenheit wiederholt für diplomatische Spannungen sorgte. Auch um die Nutzung der nahegelegenen Quellen des Río Silala hatte es Jahrzehnte lang Streit gegeben, der erst 2009 durch eine vertraglich festgeschriebene 50-50-Nutzung beigelegt werden konnte.
Chiles Präsident Sebastian Piñera wies jegliche Kritik von sich. “Wenn wir die Verträge in Frage stellen, dann ist das ein Weg, den wir nicht gehen wollen”, antwortete der Staatschef auf eine Ankündigung von Boliviens Präsident Evo Morales, man werde die Friedensverträge juristisch prüfen lassen. Auch eine Klage vorm Internationalen Gerichtshof in Den Haag hatte La Paz vergangene Woche in Erwägung gezogen. Einem souveränen Zugang Boliviens zum im Salpeter-Krieg verlorenen Meereszugang erklärte Piñera als “unmöglich” eine klare Absage. (bb)