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Venezuela |

Streit um einen Gnadenakt

Die Zustände in Venezuelas Gefängnissen sind katastrophal, vor allem, weil die meisten komplett überfüllt sind. Foto: Antonello Mangano.
Die Zustände in Venezuelas Gefängnissen sind katastrophal, vor allem, weil die meisten komplett überfüllt sind. Foto: Antonello Mangano.

Für die einen sind sie ganz gewöhnliche Kriminelle, für die anderen politische Gefangene: 18 Venezolaner, die noch unter dem im Frühjahr 2013 verstorbenen Präsidenten Hugo Chavez inhaftiert wurden.

Die Website der Nichtregierungsorganisation "Venezuela Awareness Foundation" mit Sitz in Miami führt sie auf einer Online-Liste von politischen Häftlingen. Venezuelas sozialistische Regierung bestreitet jedoch, Personen aufgrund ihrer oppositionellen Haltung einzusperren. In der offiziellen Sprachregelung ist von gewöhnlichen Kriminellen die Rede. Jetzt hat sich die katholische Kirche in eine Debatte um eine Amnestie für die Betreffenden eingeschaltet.

Vorwurf: Siegerjustiz

Kardinal Jorge Urosa rief Präsident Nicolas Maduro auf, eine Amnestie zu prüfen: "In der Verfassung und den Gesetzen gibt es verschiedene Möglichkeiten, die in den Fällen angewandt werden könnten und sollten, in denen der politische Faktor ohne Zweifel eine Rolle gespielt hat. Ich hoffe, dass sich dies in Kürze konkretisieren lässt", sagte Urosa, Erzbischof von Caracas, der Tageszeitung "El Universal". Im Brennpunkt steht das Schicksal des ehemaligen Polizisten Ivan Simonovis, der seit 2004 inhaftiert ist. "Nicht nur für ihn, sondern auch für andere Personen sollte das Mittel eines Gnadenaktes angewandt werden", meinte Urosa.

Simonovis soll zu den Sicherheitskräften gehören, die beim Putschversuch gegen Hugo Chavez im April 2002 in die Menschenmenge schossen. Bis heute sind die Umstände des Putsches von keiner unabhängigen Kommission aufgeklärt. Unterstützer von Simonovis bezeichnen die Vorwürfe gegen ihn als nicht bewiesen, seine Ehefrau Maria del Pilar Pertines erklärte zu Jahresbeginn, ihr Mann müsse für Verbrechen haften, die er nicht begangen habe.

Bei den Unruhen 2002 kamen sowohl mehrere Anhänger aus dem Chavez-Lager als auch aus der Opposition ums Leben. Kritiker der Sozialisten werfen der Regierung Siegerjustiz vor: Urheber der tödlichen Schüsse gegen die Oppositionellen wurden nie zur Rechenschaft gezogen, Polizisten, die an dem Putsch beteiligt gewesen sein sollen, dagegen inhaftiert.

Chavez profitierte von Gnadenakt

Unmittelbar vor Weihnachten warb auch der Parlamentarier Edgar Zambrano für ein Amnestiegesetz. Zambrano verfügt über gute Kontakte zur katholischen Kirche. Eine Begnadigung der politischen Häftlinge würde ein Zeichen der Versöhnung bedeuten, so der Oppositionspolitiker. Im Juni hatte er im Vatikan mit Papst Franziskus über die Situation in Venezuela gesprochen.

Im Fall Simonovis ist laut Amnesty International Eile geboten: Er lebe in einer winzigen Zelle ohne Tageslicht und Frischluftzufuhr. Dies habe zu gravierenden gesundheitlichen Problemen geführt, hieß es in einer im Dezember veröffentlichten Mitteilung. Präsident Nicolas Maduro erklärte sich unterdessen für nicht zuständig: "Herr Simonovis ist in den Händen der Justiz. Nur die Justiz kann eine Amnestie gewähren." Fast zeitgleich beförderte Maduro einige Militärangehörige, die ihrerseits beim Putschversuch 1992 an der Seite von Hugo Chavez standen.

Erzbischof Roberto Lückert, Vorsitzender der Kommission Gerechtigkeit und Frieden der Venezolanischen Bischofskonferenz, erinnerte Maduro unterdessen an die jüngere Geschichte Venezuelas: Die heutigen Machthaber in Caracas profitierten selbst von einem Gnadenakt. Im Februar 1992 versuchte eine Gruppe um den damaligen Oberst Hugo Chavez per Staatsstreich an die Macht zu kommen. Das Unterfangen scheiterte. Chavez wurde zusammen mit anderen Militärs verurteilt, dann aber nach zwei Jahren Haft begnadigt. "Präsident Caldera war sehr großzügig mit dieser Gruppe von Putschisten", sagte der Erzbischof von Coro. Nach dem biblischen Motto: Wer Barmherzigkeit erfahren hat, soll selber barmherzig sein.

Autor: Tobias Käufer. Quelle: KNA.

Foto: Antonello Mangano. CC-BY-2.0http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/deed.de

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