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Venezuela |

Sondervollmachten für den Präsidenten

Venezuelas Präsident Nicolas Maduro kann per Dekret bis Dezember weiterregieren. Foto: Juan Manuel Herrera/OAS. CC-BY-NC-ND-2.0
Venezuelas Präsident Nicolas Maduro kann per Dekret bis Dezember weiterregieren. Foto: Juan Manuel Herrera/OAS. CC-BY-NC-ND-2.0

Was eigentlich eine verfassungsrechtliche Ausnahme bleiben sollte, wird in Venezuela zum Normalfall: Venezuelas Präsident Nicolas Maduro darf mit Sondervollmachten regieren. "Ermächtigungsgesetz" nennen die Kritiker der regierenden Sozialisten die Machtfülle, die den Regierungschef, einen früheren Busfahrer, quasi zum Alleinherrscher des Landes machen. Maduro kann per Dekret regieren und Gesetze erlassen, ohne das Parlament um Zustimmung bitten zu müssen.

Politisch begründet wird die Maßnahme, mit der schon der verstorbene Revolutionsführer Hugo Chavez das Land bis 2013 nach Gutsherrenart regierte, mit einer angeblich bevorstehenden imperialistischen Invasion durch die USA. Deren Präsident Barack Obama hat wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen jüngst weitere Sanktionen gegen Venezuela verhängt und das südamerikanische Land zur Bedrohung der inneren Sicherheit der USA erklärt.

Das ging selbst der venezolanischen Opposition zu weit. Auch Kardinal Jorge Urosa, eigentlich ein scharfer Kritiker der sozialistisch-marxistischen Regierung in Caracas, lehnt diese Art der Reaktion aus Washington ab. "Eine solche Behauptung ist nicht hinnehmbar - weil sie Konsequenzen für alle Venezolaner haben wird, nicht nur für die Regierung", kritisierte der Erzbischof von Caracas.

Inzwischen haben sich auch die Hardliner unter den Regierungen Lateinamerikas hinter Maduro gestellt. Boliviens Präsident Evo Morales, Ecuadors Rafael Correa und Kubas Präsident Raul Castro verurteilten die US-Sanktionen. Kubas Revolutionsführer treibt die diplomatische Eskalation weiter voran: "Venezuela hat die am besten ausgerüstete Armee Lateinamerikas", schreibt Castro in einem Brief an Maduro.

Kleine Atempause

Für den ins Schlingern geratenden Maduro gibt der außenpolitische Zwist nach innen zumindest eine kleine Atempause. Ihm ist es gelungen, den Fokus von der Wirtschaftskrise und den schweren Menschenrechtsverletzungen auf einen äußeren Feind zu lenken. Die hausgemachten Probleme werden dadurch freilich keineswegs gelöst. Ungeklärt ist nach wie vor das Schicksal der politischen Gefangenen: Die prominenten Oppositionspolitiker Leopoldo Lopez und Antonio Ledezma sind nach wie vor in Haft. Katholischen Kirchenvertretern wurde der Besuch von inhaftierten Studenten untersagt. Die Familien der Gefangenen befürchten, dass ihre von der Außenwelt abgeschnittenen Angehörigen in den Kellern des Geheimdienstes gefoltert werden.

Vizepräsident Jorge Arreaza bezeichnet das als "politische Märchen" - und als von den USA gesteuerte Verschwörungstheorien. Die Vereinigten Staaten entfesselten einen Wirtschaftskrieg, weil sie an das Öl Venezuelas gelangen wollten. Und Parlamentspräsident Diosdado Cabello nutzt die Gelegenheit, um die Opposition angesichts der angeblich bevorstehenden Invasion zu Staatsfeinden zu erklären. Wer nicht bereit sei, das Land zu verteidigen, sei ein Vaterlandsverräter und werde entsprechend behandelt.

Maduro bleibt mindestens bis Dezember

Unterdessen versanden die Aufrufe des Vatikan und der katholischen Kirche, einen Dialog zwischen den beiden zerstrittenen Lagern wieder aufzunehmen. Für Mittwoch (Ortszeit) ist laut lokalen Medien ein Treffen von Franziskus mit dem oppositionellen venezolanischen Gouverneur Henri Falcon geplant. Die Opposition besteht auf der Freilassung der Gefangenen; die Regierung reagiert mit Sondervollmachten für den Präsidenten.

Nächster wichtiger Stichtag in Venezuela sind die Parlamentswahlen, voraussichtlich im September. Gelänge der Opposition ein Erfolg - trotz eines in den vergangenen Jahren mehrfach zugunsten der Sozialisten geänderten Wahlgesetzes und einer Überwachung durch den sozialistischen dominierten Wahlrat -, dann würden die Karten in Venezuela neu gemischt. Zumindest auf dem Papier. Denn ganz gleich, wie das Volk entscheidet: Dank seiner Sondervollmachten kann der in den Umfragen abgestürzte Maduro per Dekret zumindest bis Dezember weiterregieren.

Autor: Tobias Käufer
Quelle: KNA
Foto: Juan Manuel Herrera/OAS. CC-BY-NC-ND-2.0

 

Ein Interview zu dem Thema mit dem Venezuela-Referent Reiner Wilhelm von Adveniat finden Sie auf adveniat.de

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