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Guatemala |

Rigoberta Menchü will Präsidentin werden

In Guatemala kommt der Präsidentschaftswahlkampf auf Touren. Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú erklärte am Wochenende offiziell ihre Kandidatur, während die „First Lady“ Sandra Torres, allen gesetzlichen Hürden zum Trotz antreten will. In dem mittelamerikanischen Land wird im September ein neues Staatsoberhaupt gewählt.

Eine erste Niederlage musste Sandra Torres schon lange vor dem Urnengang hinnehmen. Ein Gericht bezweifelte die Rechtmäßigkeit ihrer Scheidung vom amtierenden Präsidenten Álvaro Colom. Die „First Lady“, die für die Regierungspartei antritt und ihren Mann beerben will, ließ sich im April scheiden, da das Wahlrecht die Kandidatur von Angehörigen des Präsidenten verbietet. Das Ende des Rechtsstreits ist offen. Wie auch immer es letztlich ausgeht: durch die Posse um ihre Scheidung muss Torres in dem katholischen Land einen schweren Imageschaden verkraften.

Für Menchú alles nach Plan

Für die indigene Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú läuft hingegen bisher alles nach Plan. Ihre am vergangenen Samstag in Guatemala-Stadt offiziell verkündete Kandidatur wurde nicht nur von ihren Unterstützern euphorisch aufgenommen, sondern fand auch ein großes internationales Medienecho. Menchú, die 1992 den Friedensnobelpreis für ihren Einsatz für die Rechte der indigenen Bevölkerung erhielt, wird von einer Vielparteienkoalition aus Gewerkschaften, linken, indigenen und Ex-Guerrilla-Parteien ins Rennen geschickt.

Es ist die zweite Kandidatur Menchús, die bei den letzten Wahlen 2007 in der ersten Runde mit nur drei Prozent der Stimmen, gescheitert war. „In der Geschichte Guatemalas haben wir Maya immer nur unser Recht ausgeübt zu wählen, nicht aber gewählt zu werden“, begründete die Politikerin damals ihre Kandidatur.

Konservativer Kandidat in Umfragen vorne

Zur Zeit führt jedoch keine der berühmten Frauen, sondern der konservative Kandidat Otto Pérez die Meinungsumfragen an. Gegen den pensionierten General, der für die Patriotische Partei Guatemalas antritt, liegen Anschuldigungen wegen Menschenrechtsverletzungen vor. Er war in den 1980er Jahren Chef des Militärgeheimdienstes, mit dem Verschwinden und der Exekution von politischen Gegnern der in Verbindung gebracht wird. Auch Pérez hatte 2007 seinen Hut bereits in den Ring geworfen, verlor aber in der Stichwahl gegen Colom.

Wenig Vertrauen in das politische System

Jüngste Umfragen belegen, dass das Vertrauen der Bürger in das politische System stark erschüttert ist. Nur zwölf Prozent der Befragten vertrauen den politischen Parteien, den kirchlichen Institutionen jedoch über 60 Prozent. Daraus konnte der protestantische Priester Harold Caballeros, der ebenfalls seine Kandidatur angekündigt hat, jedoch bislang kein Kapital schlagen. Dem Geistlichen, der von offizieller Kirchenseite nicht unterstützt wird, räumen Analysten keine Chance ein, im September die Stichwahl zu erreichen.

Sicherheit ist Kernthema

Wie in vielen Ländern Lateinamerikas steht die Sicherheitslage ganz oben auf der Wahlkampfagenda, 66 Prozent der Guatemalteken nennen dieses Thema als ausschlaggebend. Die Mordrate liegt höher als zu Zeiten des Bürgerkriegs und ist mit 46 pro 100.000 Einwohner doppelt so hoch wie im Nachbarland Mexiko.

Größtes Problem ist die ausufernde Drogenkriminalität, 40 Prozent der Morde gehen nach offiziellen Angaben auf das Konto der Narcos. Seit das Militär im Zuge des Friedensabkommens von 1996 um zwei Drittel verkleinert wurde, steht der Staat den Kartellen hilflos gegenüber. Durch die ausufernde Gewalt kann der guatemaltekische Staat das zweite Problem des Landes nicht hinreichend bekämpfen, die extreme Armut weiter Teile der Bevölkerung. Die Hälfte aller Kinder ist unterernährt, laut Weltbank der dritt schlechteste Wert weltweit.

Gewalt im Wahlkampf absehbar

Im Wahlkampf 2007 kam es zu schweren Verstößen gegen die Menschenrechte, nahezu hundert Parteiaktivisten und Kandidaten wurden getötet. Auch dieses Jahr wird mit Gewalt gerechnet. Der „Economist“ bezeichnete den beginnenden Wahlkampf vorausschauend als „schmerzhaft“.

Schon zu Beginn des Wahlkampfs ist der Ton zwischen den Kontrahenten rau. Erzbischof Óscar Vian beklagte, dass zu Beginn des Wahlkampfs keinerlei Wahlprogramme vorlägen, um die Probleme des Landes zu überwinden, sondern allein populistische Attacken gegen die amtierende Regierung gefahren werden. Der Oberhirte der Hauptstadtdiözese appellierte an alle Parteien, zur Überwindung der Unterentwicklung Guatemalas bräuchte es statt „kosmetischer Änderungen einen Wandel der Strukturen, den wir alle herbeisehnen“.

Tobias Käufer, Tim Heine - Korrespondentenbüro Lateinamerika, Bogotá

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