Regierung erkennt Bergbau-Plebiszite nicht an
Der Widerstand gegen Bergbau- und Staudammprojekte in Guatemala wächst. Er beruft sich auf das Übereinkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zum Schutz indigener Rechte. Um die Vorhaben dennoch durchzusetzen, greife Guatemalas Regierung zur Manipulierung, kritisiert die Journalistin Louisa Reynolds.
Am 18. Februar stimmte die Maya-Gemeinde San Juan Ostuncalco im guatemaltekischen Departamento Quetzaltenango über sieben Bergbaulizenzen ab, die das Energie- und Berbauministerium dem kanadischen Unternehmen Goldcorp gewährt hatte. Von den 6.758 Teilnehmern sprachen sich nur 30 für die von der Regierung von Präsident Álvaro Colom genehmigten Projekte aus.
Es handelte sich bereits um das 48. Plebiszit in Guatemala, seit das Land 1996 Übereinkommen 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert hatte. Dieses schützt die Rechte indigener Völker. Während in San Juan Ostuncalco auf Stimmzetteln „Ja“ oder „Nein“ angekreuzt werden konnte, stimmten andere Gemeinden aufgrund des in ländlichen Regionen weitverbreiteten Analphabetismus per Heben der Hand ab.
Die indigene Bevölkerung fürchtet, dass die Bergbauprojekte das Grundwasser belasten, aber auch für Wälder und Tiere eine Gefahr darstellen. Die Erfahrung gibt ihnen recht: Flüsse sind durch Zyanid verseucht. Explosionen haben Rissen in Häuser verursacht. Gegner der Minenprojekte sind systematischer Unterdrückung ausgesetzt.
Entwurf nur auf Spanisch, nicht in Maya-Sprache
Keines der zahlreichen bisherigen Plebiszite wird von Guatemalas Regierung als rechtlich bindend anerkannt. Sie argumentiert damit, dass Übereinkommen 169 erst durch eine Regelung an die Verfassung des Landes angeschlossen werden muss.
Bei den Indigenen lösen diese Winkelzüge Empörung aus. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte hat für die betroffenen Gemeinden Partei ergriffen. Die indigenen Organisationen kritisieren, dass die Regierung die Initiative bezüglich Übereinkommen 169 ergriffen habe, ohne sie überhaupt zu befragen. Ein Entwurf wurde - nur auf Spanisch - auf die Website des Arbeitsministeriums gestellt, die Bürger sollten innerhalb einer Frist von 30 Tagen Einwände erheben können. In vielen Maya-Gemeinden aber wird kein Spanisch gesprochen, von Internet-Zugängen ganz zu schweigen.
Regierung widerspricht sich selbst
Widerstand ist unter diesen Umständen kaum zu erwarten, das Vorgehen der Regierung grenzt an eine Farce. Menschenrechtsanwalt Carlos Loarca weist zudem darauf hin, dass Übereinkommen 169 als internationaler Vertrag 1996 mit der Unterzeichnung automatisch in Kraft getreten sei und keiner Ausführungsverordnung bedürfe. Verschiedene Regierungsstellen wiederum hätten sich widersprechende und wirre Erklärungen zu dem Thema abgegeben. Selbst Guatemalas Verfassungsgericht hat im Jahr 2009 zwei Urteile gesprochen, die sich gegenseitig ausschließen.
Louisa Reynolds in Noticias Aliadas, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel