Piñera setzt Pinochet-Dekret durch
Mit massivem Polizeiaufgebot, Tränengas und Verhaftungen hat Chiles Regierung am Donnerstag auf die heftigste Protestwelle seit Amtsantritt von Präsident Sebastian Piñera reagiert. Tausende Studenten, Universitätspersonal und Eltern waren gestern landesweit für die Reform des Bildungssystems auf die Straße gegangen. Seit zwei Monaten fordern sie mehr staatliche Beteiligung an der Bildung und kostenfreien Zugang zu Schulen und Universitäten.
Zu den schwersten Auseinandersetzungen war es laut Medienberichten in Chiles Hauptstadt Santiago gekommen, wo über eintausend Polizisten der Gendarmerie die Demonstration am Protestmarsch über die Hauptverkehrsader »La Alameda« abzuhalten versuchten. Ab 10 Uhr Vormittags kam es auf der zentralen »Plaza Italia« zu Zusammenstößen, nachdem die zu Zeiten der Pinochet-Diktatur gegründete Spezialpolizei mit Tränengas und Massenverhaftungen gegen die friedlich protestierenden Studenten vorgegangen war.
Am Mittwoch hatte Chiles neokonservativer Präsident Piñera die Demonstrationen per Dekret verboten, rechtfertigt Innenminister Rodrigo Hinzpeter das harte Vorgehen der staatlichen Ordnungskräfte. Piñera beruft sich auf ein zu Pinochet-Zeiten erlassenes Gesetz, welches Demonstrationen von der Zustimmung des Präsidenten abhängig macht.
»Wir werden alle notwendigen Mittel ergreifen um diese Entscheidung der Regierung durchzusetzen«, erklärte Hinzpeter. »Die Polizei handelt gesetzeskonform und erfüllt seine Aufgaben«, so auch Regierungssprecher Andrés Chadwick. »Das Szenario von heute erinnert stark an den Ausnahmezustand während der Diktatur«, verurteilte Studentenführerin Camilia Valleja in einem TV-Interview das »äußerst brutale Vorgehen« der Gendarmerie. Neben mehreren verletzen Polizisten war es auch zu Verletzungen durch Tränengas und Verhaftungen von minderjährigen Schülern gekommen. (bb)