Pilgerweg der Versöhnung
Seit mehr als einem halben Jahrhundert leidet die kolumbianische Bevölkerung unter einem blutigen Bürgerkrieg. Der bewaffnete Konflikt zwischen verschiedenen Guerrillagruppen, paramilitärischen Vereinigungen und dem Staat hat viele Leben gekostet.
Pablo Ramos, Yenny Borda und Sofonias Àgreda möchten mit ihrem Pilgerweg ein Zeichen setzen. "Es ist nicht einfach, aber auch nicht unmöglich" - das soll die Botschaft an die kolumbianische Bevölkerung sein.
Die Idee dieses Experiments entstand vor einem Jahr. Gemeinsam mit der kolumbianischen Agentur für Integration und der Vereinigung der Bürgerkriegsopfer hat die Tageszeitung El Tiempo eine Ausschreibung gestartet, um die Teilnehmer des Experimentes auszuwählen. Dem Aufruf sind 40 Personen gefolgt, die in einem Text begründen sollten, warum sie an diesem Weg teilnehmen möchten. Mit ihrer Geschichte überzeugten letztlich Yenny Paola Borda (27) Pablo Ramos (26) und Juan Sofonías Ágreda (54).
Die Pilger
Yenny Borda wurde schon im Alter von elf Jahren von der kolumbianischen Guerillagruppe FARC zwangsrekrutiert. Nach zwei Jahren Gewalt und Versklavung gelang dem Mädchen dann schließlich die Flucht. "Den Jakobsweg zu gehen, wird in mir sicherlich einige Erinnerungen hervorholen. Damals sind wir stundenlang ohne Ziel im Dschungel umhergelaufen und unter ständiger Angst, getötet zu werden." Aber, und davon ist sie überzeugt, der Pilgerweg werde ihr helfen, tiefe Wunden zu heilen. Heute ist die nun 27-Jährige gemeinsam mit ihrem Ehemann Geschäftsführerin eines mittelständischen Unternehmens.
Auch Pablo Ramos erlebte in jungen Jahren Leid und Gewalt. Im Alter von 13 Jahren wurde er zum Kindersoldat der paramilitärischen Autodefensas. Nach der Auflösung der Streitmacht hat Pablo seinen Abschluss nachgeholt und strebt nun ein Studium der Verwaltung an.
Sofonias Àgreda, auch liebevoll Don Sofo genannt, repräsentiert die Opfer des bewaffneten Konflikts. Am 29. Dezember 2007 fand in seinem Dorf ein schreckliches Massaker statt, das den Überlebenden keine andere Alternative ließ, als zu flüchten.
Etappen der Versöhnung
Der Prozess der Versöhnung soll durch die drei Etappen des Jakobswegs symbolisiert werden. Auf ihrem Weg werden die Pilger von drei Journalisten und einem Psychologen begleitet. In der ersten Etappe gehen die Pilger an ihre physischen Grenzen und überqueren die Pyrenäen, man nennt sie die Etappe des Schmerzes. Jeder Schritt der Anstrengung ist ein Bild für die Spuren, die der Bürgerkrieg in dem Leben dieser und vieler anderer Kolumbianer hinterlassen hat.
In der zweiten Etappe sollen die Pilger zu sich selbst finden und über den Prozess der Versöhnung reflektieren - eine Versöhnung, die schwer fällt. Denn um einen Schritt auf die anderen zugehen zu können, müssen die Pilger erst einmal ihre Geschichte annehmen und sich selbst vergeben.
Im letzten Abschnitt des Weges zeigt sich schließlich, ob das Ziel erreicht wurde und ob sich all die Anstrengung auch wirklich gelohnt hat. Die wohl wichtigste Etappe trägt den Titel "Die Freude der Versöhnung".
Autorin: Stefanie Bross
Multimediareportage "820 Kilometer der Versöhnung"
Adveniat unterstützt die Arbeit der Nationalen Versöhnungskommission in Kolumbien. Auch die Adveniat-Jahresaktion 2015 widmet sich dem Thema "Frieden und Versöhnung".