Perus erste Präsidentin
Peru hat nun seine erste Präsidentin. Das an sich ist eine gute Nachricht. Aber die Umstände der Ernennung und Vereidigung von Dina Boluarte waren turbulent und ein bisschen absurd, aber irgendwie auch sehr peruanisch. Das südamerikanische Land hat die politische Krise spätestens seit der Amtszeit von Alberto Fujimori in den 1990-ern zur Kunstform erhoben. Staatsstreiche und Selbstputsche inklusive.
Am Mittwoch erwachte die 60 Jahre alte Boluarte noch als Vizepräsidentin Perus, am Abend ging sie als Staatschefin zu Bett. Dazwischen lag der Versuch eines Staatsstreichs von oben durch Präsident Pedro Castillo und die Auflösung des Parlaments, die Befehls- und Gehorsamsverweigerung weiter Teile seines Kabinetts und der Streitkräfte. Und letztlich eine Amtsenthebung. Zwei von Castillos Vorgängern waren in ähnlichen Verfahren des Amtes enthoben worden. Boluarte wird Castillos Mandat bis 2026 zu Ende führen, falls nicht wieder ein Sturz dazwischen kommt. Oder sie Neuwahlen ausruft.
Am Ende des Tages saß der frühere Dorfschullehrer und Gewerkschafter Castillo, der Peru gerade mal seit 16 Monaten regierte, in einer Arrestzelle. Damit endete eine der absurdesten und kompliziertesten und auch unfähigsten Präsidentschaften in Peru. Und das will schon was heißen.
Stetiger Ministerwechsel
Vor Castillos Wahl hatte Peru in fünf Jahren vier Präsidenten. Allein im November 2020 waren es drei verschiedene Staatschefs in weniger als seiner Woche. Castillos Wahlsieg lag vor allem auch im Abscheu der Bevölkerung gegenüber der selbstreferentiellen politischen Klasse des Landes begründet. Castillo pflegte das Bild des Outsiders. Aber wie man nun sieht, war auch das keine gute Idee. Der 53-jährige Linke war nie auf der Höhe der Anforderungen, auch wenn er vom konservativen Block um die begabte rechte Strippenzieherin Keiko Fujimori von Anbeginn an boykottiert wurde. Schließlich hatte sie in der Stichwahl damals vergeblich versucht, selbst Staatschefin zu werden.
In den Monaten an der Macht kam Castillo kaum zum inhaltlichen Regieren. Wegen verschiedener Vorwürfe oder Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten. Erst vor zwei Wochen ernannte Castillo eine neue Kabinettschefin – die fünfte in knapp eineinhalb Jahren. Seit seinem Amtsantritt musste er bereits zwei Amtsenthebungsverfahren überstehen. Und mit dem Parlament stand er schon lange auf Kriegsfuß. Zuletzt verweigerte der Kongress dem Staatschef die Erlaubnis, zum Gipfel der Pazifik-Allianz nach Mexiko zu reisen, und ließ das Treffen damit platzen.
Politischer Waffenstillstand
Nun also Dina Boluarte. Die Juristin ist kaum profiliert und hat wie Castillo keine Macht im Parlament. 2018 kandidierte sie vergeblich für das Bürgermeisteramt des Bezirks Surquillo in Lima. Anfang des Jahres wurde Boluarte aus der Linkspartei „Perú Libre“ ausgeschlossen, weil sie die Ansichten des Generalsekretärs nicht teilte. „Ich war schon immer eine Linke und werde es auch bleiben, aber eine demokratische und keine totalitäre Linke", erklärte sie damals.
Am Mittwoch rief sie nach ihrer Vereidigung zur Einheit und zur Ruhe auf: „Da ich mir der enormen Verantwortung bewusst bin, die auf mich zukommt, rufe ich alle auf, die Einigungen möglich zu machen, die in den vergangenen Monaten so undurchführbar waren." Das solle mithilfe eines „politischen Waffenstillstands“ gelingen sowie einer Regierung der nationalen Einheit. Boluarte kündigte als eine ihrer ersten Amtshandlungen den Kampf gegen die Korruption in den staatlichen Institutionen an und bat dafür um die Unterstützung der Generalstaatsanwaltschaft.