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Kuba, USA |

Neuanfang mit Hindernissen

Kuba ist bei Touristen schwer angesagt. Foto: DW/A.Knobloch
Kuba ist bei Touristen schwer angesagt. Foto: DW/A.Knobloch

Kuba ist schwer angesagt. Seit der historischen Ankündigung der Regierungen in Havanna und Washington, die 1961 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen zu wollen, sind die Touristenzahlen auf der Karibikinsel in die Höhe geschnellt. Ein New Yorker Reiseveranstalter vermeldet ein Buchungsplus im März von 250 Prozent.

Für viele US-Bürger war Kuba lange Zeit eine "verbotene Insel". Reisen dorthin sind zwar weiterhin nicht ohne Weiteres möglich, die Beschränkungen aber sind zuletzt gelockert worden. Viele wollen die vielleicht letzte Chance nutzen, um noch das "alte" Kuba zu erleben, bevor Starbucks- und McDonald's-Filialen anfangen, die Szenerie zu bestimmen, und die Straßenkreuzer der Eisenhower-Ära aus Havanna verschwinden.

Während die Touristen dazu neigen, Kuba mit romantischem Blick zu verklären und dabei verkennen, dass die sozialistische Insel sich seit einigen Jahren verändert, kann vielen Kubanern der Wandel nicht schnell genug gehen: Restaurierung der altersschwachen Gebäude, mehr Privatwirtschaft, mehr Reisemöglichkeiten, besseres Internet, höhere Einkommen, das Ende der US-Handelsblockade - die Hoffnungen sind vielfältig.

Auch die US-Wirtschaft scharrt mit den Hufen. Seit kurzem gibt es wieder Direktflüge zwischen New York und Havanna. Auch zahlreiche Fährunternehmen sitzen bereits in den Startlöchern. Inzwischen bietet die in San Francisco beheimatete Firma Airbnb auch Privatunterkünfte in Kuba an, wenn auch zunächst nur für Reisende aus den USA. Zuvor hatten bereits Konzerne wie Netflix, Google oder Apple den Einstieg in den kubanischen Markt angekündigt. Es herrscht Aufbruchsstimmung.

Annäherung in kleinen Schritten

So schnell, wie von vielen erhofft, verläuft die Annäherung indes nicht. Ein gutes Beispiel für die Schwierigkeiten ist der Dialog über Menschenrechte. Er gilt als eines der heikelsten Kapitel und steht besonders im Fokus der Öffentlichkeit. Am 31. März fand ein erstes Treffen in Washington statt, dabei wurden die großen Meinungsunterschiede deutlich. Die USA fordern von Kuba vor allem Verbesserungen bei der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Kuba spricht hingegen von unterschiedlichen Demokratie- und Menschenrechtskonzepten und kündigte an, auch über Menschenrechtsverletzungen der Vereinigten Staaten sprechen zu wollen - so zum Beispiel über das Vorgehen der USA in dem Bagdader Gefängnis Abu Ghraib und in der Kleinstadt Ferguson, wo ein junger schwarzer Mann von einem Polizisten erschossen wurde, sowie in der direkten Nachbarschaft: auf dem Militärstützpunkt Guantánamo. Die Kubaner verweisen zudem auf eigene Errungenschaften im sozialen Bereich, wie den kostenlosen Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung.

Ein anderes brisantes Thema ist Venezuela. US-Präsident Barack Obama hatte am 9. März Kubas engsten Verbündeten per Dekret zur Gefahr für die nationale Sicherheit der USA erklärt und Strafmaßnahmen gegen venezolanische Funktionäre verhängt. Dieser Schritt war von den ALBA-Staaten, einem Bündnis von elf Ländern Lateinamerikas und der Karibik, darunter Kuba, mit deutlichen Worten zurückgewiesen worden.

Keine schnellen Lösungen

Die US-Verhandlungsführerin bei den Gesprächen mit Kuba, Roberta S. Jacobson, wiegelt ab: Venezuelas Einstufung als nationale Bedrohung habe "einigen Hintergrundlärm verursacht, aber das hat keine größeren Auswirkungen auf die Verhandlungen mit Kuba." Derzeit deutet zumindest nichts darauf hin, dass die Führung in Havanna die Gespräche wegen Venezuela scheitern lassen könnte.

Die ersten beiden Verhandlungsrunden im Januar und Februar haben aber die tief gehenden Differenzen zwischen beiden Ländern deutlich gemacht. Beide Seiten sprachen zwar von einem "positiven und produktiven Dialog". Nach jahrzehntelangem Misstrauen und angesichts vieler offener Fragen wird es aber keine schnellen Lösungen geben.

Zunächst geht es deshalb bei den Verhandlungen um Punkte, bei denen am ehesten Einigkeit erzielt werden kann. Dazu zählen die Ausweitung der Zusammenarbeit bei der Luftverkehrssicherheit und der Bekämpfung von Epidemien, Maßnahmen gegen Terrorismus und Drogenhandel, Telekommunikation und andere Fragen.

"Ich weiß, es sieht so aus, als hätten wir noch nichts erreicht, aber nach 50 Jahren des Misstrauens, haben wir eine Menge Fortschritte gemacht", so US-Verhandlungsführerin Jacobsen. "In der Öffentlichkeit wird nicht viel Bewegung zu erkennen sein, bis wir die Botschaften eröffnen." Letzteres ist das erste Ziel: die in aller Form geregelte Aufnahme diplomatischer Beziehungen mithilfe von Botschaftern in den Hauptstädten.

Hindernis US-Terrorliste

Doch es scheint mehr als fraglich, ob dies - wie von den USA angestrebt - noch vor dem Gipfel der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gelingt, der am Freitag in Panama-Stadt beginnt. Die zügige Botschaftsöffnung wäre allerdings ein starkes Zeichen für jenen Neubeginn, den Obama auf dem Gipfel in Trinidad und Tobago 2009 als damals frisch gewählter US-Präsident gegenüber den Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas verkündet hatte. In Panama wird er nun an seine Worte von damals erinnert werden.

Ein Hindernis steht einer weiteren Annäherung auf jeden Fall noch im Wege: Washingtons Liste der Terrorunterstützerstaaten, auf der die USA auch Kuba verzeichnen. Es sei schwer vorstellbar, dass es zu einer Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen komme, während Kuba auf dieser Liste stehe, hatte Havannas Verhandlungsführerin Josefina Vidal gleich zu Beginn der Verhandlungen klar gemacht. Eine Normalisierung der Beziehungen sei ohnehin nur mit dem Ende der US-Blockadepolitik und einer Rückgabe von Guantánamo möglich, das hatte Kubas Staatschef Raúl Castro bereits in seiner Ansprache Mitte Dezember unterstrichen.

Zumindest was die Streichung von der Terrorliste angeht, könnte es bald Bewegung geben. Die Prüfung von Kubas Verbleib auf dieser Liste sei "fortgeschritten", verkündete Roberta Jacobsen vor kurzem. Die US-Verhandlungsführerin betonte aber zugleich, "dass dies keine Rückschlüsse zulässt und wir die Ergebnisse nicht vorwegnehmen können".

Vieles deutet darauf hin, dass es eine Annäherung der kleinen, vorsichtigen Schritten geben wird. Der Faktor Zeit könne aber noch eine "wichtige Rolle" bei den Verhandlungen spielen, sagt der frühere kubanische Diplomat und Sozialwissenschaftler, Carlos Alzugaray. Denn US-Präsident Obama bleiben nur noch anderthalb Jahre im Amt und auch Raúl Castro hat das Ende seiner Amtszeit für 2018 angekündigt hat.

Am Wochenende in Panama sitzen Obama und Castro nun erstmals an einem Tisch. Ein hoffnungsvolles Zeichen für den Aufbruch in ein neues Zeitalter - nicht nur für Kuba und die USA, sondern für ganz Amerika.

Autor: Andreas Knobloch, Havanna
Quelle: Deutsche Welle

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