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Venezuela |

Nervosität und Angst im Vorfeld der Wahl

Hugo Chavez (58) oder Henrique Capriles (40) - Sozialismus des 21. Jahrhunderts oder ein Schwenk in die Mitte. Venezuelas Wähler haben am 7. Oktober nicht nur die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Politikentwürfen, sondern auch zwischen zwei völlig unterschiedlichen Charakteren.

Chavez, nach eigenen Angaben von einer Krebserkrankung völlig genesen, präsentiert sich im Wahlkampf wie immer: Aggressiv, kämpferisch und bisweilen unter der Gürtellinie beleidigend. Capriles, so rief der "Comandante Presidente" seinen Anhängern am Wochenende zu, habe nicht einmal das Zeug zum Bürgermeister. Ihm fehle es an Ideen, um die Probleme des Landes zu lösen. Am 7. Oktober, so kündigt Chavez an, werde das Volk die Oligarchie endgültig hinwegfegen. Es ist der Chavez, den seine Landsleute seit Jahren kennen und den seine Anhänger lieben. Chavez ist der unumstrittene Anführer des sozialistischen Lagers, dahinter klafft eine große Lücke. Sein von ihm angepriesener "Sozialismus des 21. Jahrhundert" hat die Gesellschaft tief gespalten. Wer nicht auf der Seite der Chavistas seht, hat es schwer in Venezuela. Das gilt für unabhängige Medien ebenso wie für die Opposition und regierungskritische Studentenverbände. Ein Präsident für alle Venezolaner, das ist und das wollte Chavez noch nie sein.

Capriles kündigt Reformen an

Sein jugendlicher Herausforderer Henrique Capriles versucht genau in diese Kerbe zu schlagen. Der Gouverneur des Bundesstaates Miranda versucht in den Wählerschichten zu fischen, die entweder enttäuscht von der Politik der Regierung sind oder sich ein Land mehr in der Mitte als am linken Rand der politischen Landschaft wünschen. Er kündigt moderate Reformen an und betont, die Gräben, die in den letzten Jahren entstanden sind, zuschütten zu wollen. Umfragen, die von den Sozialisten dominierte Institute veröffentlichen, sagen einen klaren Wahlsieg voraus. Die Bilder der Wahlkampfveranstaltungen sprechen dagegen eine andere Sprache: Mehr als 50.000 Menschen kamen am Wochenende zu einer Veranstaltung gemeinsamen Kandidaten des Oppositionsbündnisses Mesa de la Unidad Democrática in Barinas, eigentlich einer Hochburg der Sozialisten. "Wo ist die versprochene Straße Mérida-Barinas? Was ist mit dem Krankenhaus in dieser Stadt", ruft Capriles seinen Zuhörern zu. Es ist ein Frontalangriff auf Chavez, dessen Bruder der Gouverneur der Provinz ist. Die Botschaft ist klar: Die Regierenden sind korrupt, grenzt sich Capriles von den Machthabern ab, ebenso wie von seinen konservativen Vorgängern, die Chavez einst mit den gleichen Argumenten aus ihren Ämtern vertrieb. Capriles versucht aus seinem größten Nachteil, seiner Unerfahrenheit, einen Vorteil zu machen: "Ich stehe für die neue Generation".

Soziale Verbesserungen einerseits - steigende Gewalt andererseits

Die Bilanz der Chavez-Regierung nach 13 Jahren sozialistischer Politik ist durchwachsen: Durchaus bemerkenswerten sozialen Verbesserungen für die ärmsten Bevölkerungsschichten steht eine beängstigende Explosion der Gewalt gegenüber. Die Hauptstadt Caracas ist die gefährlichste Südamerikas. Mord, Erpressung und Gewalt sind in den letzten Jahren sprunghaft angewachsen. Bewaffnete Chavez-Milizen in den Armenvierteln haben die Kontrolle übernommen, nicht mehr die staatlichen, sondern die sozialistischen Kräfte haben in den Machtbasen des Präsidenten das Sagen. Wie sie im Falle einer Wahlniederlage reagieren werden, ist die große Frage. Und mit dieser Angst spielt Chavez, der unlängst von einem Bürgerkrieg sprach, sollte die Wahl verloren gehen. Venezuelas Wirtschaft hängt fast sklavisch vom ölpreis ab, doch dem staatlichen öl-Konzern PDVSA fehlt es an internationalen Fachkräften, um die enormen Anstrengungen zu stemmen. Die zwar beeindruckenden, aber nur schwierig zu fördernden öl-Reserven zu kommerzialisieren, ist die große Herausforderung. Die verheerende Explosion einer Raffinerie vor einigen Wochen hat viele Venezolaner nachdenklich gemacht, ob die von den Sozialisten mit dem richtigen Parteibuch dominierte Konzernspitze kompetent genug ist, um die eigenen hochgesteckten Vorgaben zu erreichen.

Umfragen lassen keinen klaren Wahlsieger erkennen

Unabhängige Umfragen sagen voraus, dass der Wahlausgang völlig offen ist. Die Bilder von den gewaltigen Massen, die beide Lager auf die Straße bringen, bestätigen dies ebenso wie die gegenseitigen Vorwürfe einer Manipulation des Urnenganges. Venezuela ist nervös. Und das macht vielen Menschen Angst. Am Rande der Capriles-Veranstaltung in Barinas am Wochenende wurden zwei Capriles-Anhänger erschossen, die Hintergründe sind unklar.

Autor: Tobias Käufer

Demonstration zur Unterstützung des Oppositionskandidaten Henrique Capriles. Foto: JoséMa Orsini/Flickr.

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