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Mexiko, USA |

Nafta 2.0: Nur ein Mediencoup des Präsidenten?

"Trump handelt eher opportunistisch", sagt Politikwissenschaftler Günther Maihold. Foto: picture-alliance/dpa/K. Dietsch
"Trump handelt eher opportunistisch", sagt Politikwissenschaftler Günther Maihold. Foto: picture-alliance/dpa/K. Dietsch

Die Nachricht über eine US-amerikanisch-mexikanische Vereinbarung über die Nachfolge des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta kam überraschend. Beide Seiten hatten in großer Eile miteinander verhandelt. Zwar liefen diese Unterredungen schon seit über einem Jahr, jedoch fanden gerade in den letzten fünf Wochen sehr intensive Verhandlungen statt - unter Ausschluss des Nafta-Mitglieds Kanada. Beide Seiten begründeten dies mit der Komplexität der Materie.

Doch die Eile hatte für beide Seiten vorrangig innenpolitische Gründe. In Mexiko will der scheidende Präsident Enrique Pena Nieto unbedingt ein Abkommen unterzeichnen, bevor der designierte Präsident Andrés Manuel López Obrador sein Amt am 1. Dezember antritt. In den USA will Trump etwas vorweisen, bevor die Demokraten nach den Wahlen im November möglicherweise mehr Sitze im Kongress erringen. Der Politikwissenschaftler Günther Maihold von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin hält die Ankündigung deswegen für einen weiteren Mediencoup von Präsident Trump: "Ich fürchte, die Freude dürfte verfrüht sein, da bisher nicht alle Problemfelder bis zum Ende verhandelt wurden. Es gibt keinen fertigen Text, und es ist unklar, ob und unter welchen Bedingungen Kanada beitreten wird."

Für den mexikanischen Wirtschaftswissenschaftler Zirahuen Villamar, Doktorand am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin, ist die Ankündigung ein Gewinn für beide Länder. "Mexiko gewinnt, weil wir vor einem anderen Szenario stehen als vor anderthalb Jahren, als Trump damit drohte, Nafta zu kündigen und die Grenze zu schließen, und von Mexiko verlangte, eine Grenzmauer zu finanzieren. Die Ankündigung widerspricht Trumps eigener Rhetorik, dass alle bestehenden Vereinbarungen, die er nicht unterschrieben hat, schlechte Deals wären. Auch die USA werden profitieren, aber für Mexiko bedeutet diese Nachricht eine wichtige Atempause, die viel Unsicherheit wegnimmt. Der Beleg war die rasche Erholung des mexikanischen Pesos und die positive Reaktion an den Finanzmärkten", sagt der Wirtschaftswissenschaftler.

Herkunftsregeln für den Automobilsektor

 

Eines der umstrittensten Themen waren die Herkunftsregeln in der Automobilindustrie. Die Vereinigten Staaten wollten, dass der Anteil der regionalen Wertschöpfung über den bisherigen 62,5 Prozent liegt und der größte Teil davon in den USA hergestellt wird. Das angekündigte Abkommen sieht nun vor, das 75 Prozent eines Produkts aus Nordamerika stammen müssen, also aus den USA oder Mexiko, damit es nicht mit Zöllen belegt wird.

 

Günther Maihold weist darauf hin, dass die Bestimmung des Anteils bei der Herkunftsregel recht schwierig ist, und verweist auf die Lohnunterschiede in der Produktion zwischen Mexiko und den USA. "Etwa 70 Prozent der mexikanischen Exporte von Fahrzeugen und Autoteilen erfüllen diese Ursprungsregel, aber das Problem ist, dass circa 45 Prozent dieser Autos von Arbeitern produziert sein muss, die mindestens 16 Dollar pro Stunde verdienen, was Mexiko derzeit nicht erfüllen kann." "Das durchschnittliche Gehalt in Mexiko entspricht etwa der Hälfte dieser 16 Dollar. Das bedeutet, dass Mexiko eine stärkere Automatisierung der Produktion und eine Erhöhung der Löhne erreichen muss, um mögliche Zölle auf das Endprodukt zu vermeiden", erklärt Maihold.

 

Lohngefälle zwischen den USA und Mexiko

 

Für den mexikanischen Ökonomen Zirahuen Villamar ist der Umstand, dass das neue Abkommen Mexiko verpflichtet, seine Gehälter anzuheben, eine Bestätigung für den designierten mexikanischen Präsidenten López Obrador und seine angekündigte Politik der Gehaltserhöhungen. "Die gute Nachricht aus Washington passt zur Absicht der neuen mexikanischen Regierung, die Gehälter erhöhen zu wollen", so Villamar. Der Druck, den Präsident Trump ausübt, ist aus der Absicht geboren, das Handelsdefizit der USA mit seinem südlichen Nachbarn zu reduzieren, das im letzten Jahr fast 71 Milliarden Dollar betrug. Maihold bezweifelt, dass das neue Abkommen dieses Defizit verringern wird.

"Trump handelt eher opportunistisch und will vor allem einen Mediencoup landen. Er will seiner eigenen Klientel zeigen, dass es bald keinen unlauteren Lohnwettbewerb aus Mexiko geben wird und Jobs nicht mehr abwandern werden. Letztendlich stellt er aber die Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft durch die Errichtung höherer Zollschranken in Frage. Angesicht der Globalisierung schafft er nur eine falsche Sicherheit", so das Fazit von Maihold.

Quelle: Deutsche Welle, Autorin: Eva Usi

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