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Mexiko |

Nach dem Mord ist vor dem Mord

Natalia Cruz Bautista zieht ihr blutverschmiertes Shirt hoch: Quer über ihren Rücken verläuft die klaffende Wunde eines Streifschusses. Paramilitärs hatten am 7. September auf die 42-jährige Natalia Cruz geschossen. Sie und die 45-jährige Francisca de Jesús Gracia wurden im Dorf San Juan Copala von Paramilitärs der UBISORT gefoltert und mehrfach vergewaltigt, berichten mexikanische Medien. Zwei ganze Tage hat es dann noch gedauert, bis eine Ambulanz unter dem Schutz von mehr als 30 schwer bewaffneten Bundespolizisten und Inspekteuren in dem Ort im südlichen Bundesstaat Oaxaca eintraf, die beiden Verletzten einlud und schnellstmöglich – auch aus Angst, unter Beschuss zu geraten – wieder abfuhr, in Richtung Krankenhaus.

„In den offiziellen Medien hat die Regierung zunächst die von uns vorgebrachte Anzeige wegen der Vergewaltigungen als Lüge diffamiert. Wir haben sehr insistiert, dass die Ambulanz kommen muss, denn die Frauen sind verletzt und haben schlimme psychische Traumata erlitten, nachdem sie von mehreren UBISORT-Männern gleichzeitig brutal vergewaltigt worden sind. Außerdem muss öffentlich werden, dass die Dinge hier nicht so sind, wie es die Regierung darstellt“, erklärte der für Menschenrechte in San Juan Copala zuständige Sprecher der autonomen Triqui-Bewegung MULTI, Marco Jorge Albino, gegenüber Pressevertretern.

Konflikt um Autonomie-Anspruch

Bereits seit mehreren Jahren kommt es in der abgelegenen Region des indigenen mixtekischen Volkes der Triqui zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen bewaffneten Gruppen der Triqui. Den rund 20.000 Triqui wurde der Status einer eigenen Verwaltungseinheit vor Jahren aberkannt: Seitdem sind die Bewohner auf drei eher mestizisch dominierte Bezirke aufgeteilt und ihr Einfluss gering.

Nach dem Aufstand in Oaxaca im Jahr 2006 hatte die Bewegung für ein Unabhängiges Triqui-Gebiet MULTI die Region San Juan Copala – nach dem Vorbild der zapatischen Gemeinden in Chiapas – Anfang 2007 zum autonomen Gebiet erklärt. Die Paramilitärs der UBISORT stehen hingegen der Partei der Institutionellen Revolution PRI nahe, die noch bis Ende des Jahres in Oaxaca regieren wird. Seit Herbst 2009 hält die UBISORT den Ort San Juan Copala belagert: Wer hinein und hinaus will, riskiert sein Leben. Am 27. April diesen Jahres starben zwei Teilnehmende einer internationalen Friedenskarawane im Kugelhagel der UBISORT.

Gemeinsames Agieren von Polizei und Paramilitärs der UBISORT

Nachdem der Chef der UBISORT in San Juan Copala am 30. Juli durch einen Kopfschuss ermordet worden war, wobei umstritten ist, ob der Mord tatsächlich im Zuge der Auseinandersetzungen und im Ort geschah, sind Polizei und Paramilitärs der UBISORT gemeinsam bewaffnet nach San Juan Copala vorgedrungen, um das Gemeindehaus zurückzuerobern. „Medial ist das völlig untergegangen, aber darin sehe ich einen Beweis, dass die Paramilitärs der UBISORT mit staatlichen Stellen zusammenarbeiten“, erklärt Philipp Gerber, Journalist und Mitarbeiter von medico-International Schweiz in Mexiko.
Die 14-jährige Adela Ramírez López wurde bei der Aktion durch einen Schuss in den Rücken schwer verletzt und ist seither querschnittgelähmt.

Marco Jorge Albino von der MULTI hofft, dass nach dem Abtreten der PRI-Regierung im Bundesstaat Oaxaca die Straffreiheit Anfang kommenden Jahres ein Ende hat. Dies sei ein wichtiger Schritt hin zu einer möglichen Verbesserung. Ähnlich sieht es auch Philipp Gerber, der jedoch auch Verhandlungen zwischen den verschiedenen Gruppen für unabdingbar hält.

Autorin: Bettina Hoyer

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