Morales rudert zurück
Präsident Evo Morales beugt sich dem Druck der Straße. In einer kurzen Ansprache an die Nation hat das Staatsoberhaupt von der regierenden »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) ein umstrittenes Gesetz zur Streichung staatlicher Subventionen von Benzin und Diesel zurückgenommen, das in den vergangenen Tagen für landesweite Proteste gesorgt hatte. »Ich habe die Empfehlungen der verschiedenen Sektoren gehört und verstanden«, erklärte der MAS-Chef am Freitagabend in Anwesenheit von Vizepräsident Álvaro García Linera und Außenminister David Choquehuanca die Entscheidung.
Das Präsidaldekret Nr. 748, das erst am vorangegangenen Sonntag fünf Tage zuvor beschlossen worden war, sei mit »sofortiger Wirkung außer Kraft«. Dasselbe gelte für alle begleitenden »Maßnahmen« zur Abfederung der gestiegenen Treibstoffpreise um 57 bis 83 Prozent, wie die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns für Armee, Polizei, Staatsbedienstete, Lehrer und Krankenhauspersonal um 20 Prozent, der Preisstopp für Strom, Telefon und Wasser und die angekündigten Gelder für den Ausbau der Universitäten würden »nicht in Kraft treten«.
Man habe die »Angleichung« der Preise für Benzin und Diesel zurückgenommen, weil man gemäß des Mottos »Dem Volke gehorchend Regieren« entscheide, so Morales in seiner TV-Ansprache aus dem Regierungspalast Palacio Quemado in der Hauptstadt La Paz. Auf einer Pressekonferenz am Sonnabend in Cochabamba appellierte Morales an alle politischen Kräfte, eine ehrliche Debatte über die Zukunft der Treibstoffversorgung zu starten. Seit seinem Amtsantritt 2006 seien die Ausgaben für den subventionieren Einkauf im Ausland von 108 Millionen auf 2010 über 660 Millionen US-Dollar gestiegen, rund ein Zehntel geht durch Schmuggelgeschäfte mit den Nachbarländern ohne staatliche Preisstütze verloren. »Fünf bis zehn Jahre« habe der Staatshaushalt noch Geld, so Morales. Bis dahin müssten »vorbeugende Maßnahmen« getroffen sein, um das Andenland vor einem »Absturz in den wirtschaftlichen Abgrund zu verhindern«. (bb)