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Brasilien |

"Missbrauch ist kein Kompliment"

Maria de Penha wurde über Jahre von ihrem Mann misshandelt. Nach einem Mordversuch ihres Mannes ist sie querschnittsgelähmt. Er wurde für seine Taten zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach ihr wurde das Gesetz zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt aus dem Jahr 2006 benannt. Foto: Fotos GOVBA, CC BY 2.0
Maria de Penha wurde über Jahre von ihrem Mann misshandelt. Nach einem Mordversuch ihres Mannes ist sie querschnittsgelähmt. Er wurde für seine Taten zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach ihr wurde das Gesetz zum Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt aus dem Jahr 2006 benannt. Foto: Fotos GOVBA, CC BY 2.0

Brasiliens Frauen sagen offen "Nein" zu Missbrauch, Machismo, Rassismus und Intoleranz. Seit Wochen demonstrieren sie landesweit für mehr Rechte und gegen Gewalt. Ihr Zorn entzündet sich dabei vor allem am konservativen Kongress, der bei Fragen der Gleichberechtigung zurückrudert. Inzwischen sind auch die sonst eher konservativen Medien auf den Protest-Zug aufgesprungen.

"Machos kommen hier nicht weiter", "Mein Körper gehört mir und nicht Eduardo Cunha", "Missbrauch ist kein Kompliment" oder "Machismo tötet". Mit Spruchbändern und Trillerpfeifen beziehen die Frauen Stellung gegen häusliche Gewalt, rassistische Beleidigungen in sozialen Netzwerken und ungleiche Chancen in der Berufswelt.

Ihr Zorn trifft besonders Eduardo Cunha, den in Korruptionsskandale verstrickten Präsidenten des Abgeordnetenhauses. Der evangelikale Prediger und Anwärter für das Präsidentenamt plant eine Verschärfung des Abtreibungsgesetzes, wobei Schwangerschaftsabbrüche nach Vergewaltigungen erschwert werden sollen.

Konservative sorgen für weiblichen Zusammenhalt

"Wir erleben derzeit einen konservativen Vormarsch, einen Rückschritt bei Werten und eine Welle der Intoleranz, wobei selbst per Gesetz garantierte Errungenschaften plötzlich infrage gestellt werden", so die Soziologieprofessorin Margareth Rago. Reizfiguren wie Cunha sorgten zumindest dafür, dass die Frauen sich endlich organisierten.

Das Thema Vergewaltigungen bewegt Brasiliens Frauen aktuell in besonderem Maße. Ende Oktober erfasste die über Twitter verbreitete Kampagne "meu primeiro assedio" (etwa: mein erster erlittener Missbrauch) die sozialen Netzwerke. Zehntausende von Frauen posten seitdem Berichte über erlittenen Missbrauch, viele machten dabei erstmals Vorwürfe gegen ihre männlichen Verwandten als Täter öffentlich.

Ansteigende Gewalt gegen Frauen

Zuletzt sorgte zudem eine Anfang November veröffentlichte Statistik bei brasilianischen Frauen für Empörung. Demnach werden täglich 13 Morde an Frauen begangen, Tendenz steigend. Etwa die Hälfte kommt daheim zu Tode, rund ein Drittel wird vom Ehepartner oder Lebensgefährten umgebracht. Insgesamt stieg die Mordrate an Frauen von 3,9 Fällen pro 100.000 Einwohner im Jahre 2007 auf 4,8 in 2013.

Erst im März hatte Präsidentin Dilma Rousseff ein Gesetz erlassen, das strengere Strafen für Morde an Frauen vorsieht. Die Tötung von Mädchen sowie Schwangeren wird dabei besonders hart bestraft. Bei der Verkündung des Gesetzes erinnerte Rousseff an die jährlich rund 500.000 Vergewaltigungsopfer. Bislang werden nur wenige Täter juristisch belangt.

Macho-Kultur trotz härterer Gesetze

Brasiliens Justiz sei noch immer von einer Macho-Kultur dominiert, so die Soziologin Clara Araujo von der Landesuniversität Rio de Janeiro. Eine positive Bilanz attestiert sie dem 2006 erlassenen "Maria da Penha Gesetz", das häusliche Gewalt bestraft. Das Gesetz habe großen Teilen der Gesellschaft erstmals klar gemacht, dass Gewalt innerhalb der eigenen vier Wände nicht normal, sondern strafbar sei, so Araujo. Zwar hätten viele Frauen immer noch Angst, häusliche Gewalt anzuzeigen. "Aber sie wissen zumindest, dass es dieses Gesetz gibt, und das sehe ich als Fortschritt in einem Land, in dem viele Menschen nichts über ihre Rechte wissen."

Auch in den Medien wird verstärkt über das Thema gesprochen. Das TV-Netzwerk Globo startete zuletzt eine Kampagne gegen Rassismus, nachdem eine dunkelhäutige Wettermoderatorin in sozialen Netzwerken beleidigt worden war. Darüber hinaus waren die Protestmärsche der Frauen zuletzt auf den Titelblättern der auflagenstärksten Zeitschriften des Landes präsent. "Die traditionellen Medien mussten auf diesen Zug aufspringen", urteilt die Journalistin Flavia Oliveira. Nachdem die Frauen mit ihren Themen die sozialen Netzwerke erobert hätten, hätten sich auch die Zeitungen dem nicht entziehen können.

Quelle: KNA, Autor: Thomas Milz, Foto: Fotos GOVBA, CC BY 2.0

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