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Venezuela |

Milizen im Supermarkt

Leere Regale, verhaftete Unternehmer und ein Präsident mit umfassenden Vollmachten: Venezuelas Kirche reagiert besorgt auf die turbulenten Ereignisse der vergangenen Tage. "Das Klima der Euphorie könnte in Akte der Gewalt und Konfrontation umschlagen, die nur schwer zu kontrollieren sind", heißt es in einer Stellungnahme der Venezolanischen Bischofskonferenz.Die war zuvor von Staatspräsident Nicolas Maduro öffentlich verhöhnt worden: "Warum ist der hohe Klerus plötzlich so schweigsam, wenn wir rausgehen, um die Armen zu verteidigen?"

Maduro persönlich hatte zu einem Wirtschaftskrieg gegen Spekulation und Wucher im Land aufgerufen. Umgehend meldeten von den regierenden Sozialisten eingesetzte "Preisinspektoren" Hinweise auf Wucher bei der venezolanischen Elektronikwaren-Kette "Daka". Maduro reagierte schnell: Die verantwortlichen Manager wurden verhaftet und der Einzelhandelskette vorgeschrieben, Plasmafernseher, Computer, Kühlschränke zu "fairen Preisen" zu verkaufen - die die Regierung daraufhin selbst festlegte.

"Lasst keine Waren in den Regalen, lasst nichts in den Lagerhallen", rief Maduro seine Landsleute auf. Es kam zu tumultartigen Szenen: Plünderer stürmten die Geschäfte und räumten die Läden leer. Der überwiegende Teil der Kunden aber wartete geduldig in langen Schlangen, bis sie die Waren zu von der Regierung verkündeten radikal gesenkten Preisen kaufen konnten.

Wissenschaftlicher warnen vor wirtschaftlichem Zusammenbruch

Die Stammwähler der Sozialisten, die Menschen aus den Armenvierteln, für die Luxusartikel aus dem Elektronikfachhandel normalerweise unerschwinglich sind, begrüßen den Preiskrieg Maduros kurz vor den Kommunalwahlen. Die Regierung will künftig per Gesetz die maximale und minimale Gewinnspanne für alle Wirtschaftszweige der venezolanischen Produktion festlegen und damit die völlig aus dem Ruder gelaufene Spekulation bekämpfen. Wirtschaftswissenschaftler sehen die Probleme allerdings eher hausgemacht - und sie warnen vor einem totalen Zusammenbruch der Wirtschaft: Privatinvestoren könnten angesichts von Miliz und Polizei im Supermarkt völlig das Vertrauen verlieren.

Die Venezolaner leiden unter einem explosionsartigen Anstieg der Konsumgüterpreise; der Werteverlust der venezolanischen Währung ist dramatisch. Auf dem Schwarzmarkt wird der US-Dollar mittlerweile zehnmal höher als der offizielle Kurs gehandelt. Daher verkauft Venezuela sein Tafelsilber und tastet die ausländischen Devisenreserven an.

Versorgungsengpässe bei Grundnahrungsmitteln

Hinzu kommen dramatische Versorgungsengpässe von Grundnahrungsmitteln wie Milch; auch Toilettenpapier gibt es nur noch selten. Und all das, obwohl das Land über sprudelnde öleinnahmen verfügt. Allein 2012 hat die Maduro-Regierung 93,6 Milliarden US-Dollar (70 Milliarden Euro) mit Erdöl verdient; die offizielle Zahlungsbilanz verzeichnete einen Überschuss von elf Milliarden Dollar (acht Milliarden Euro). Doch die massiven Vorschriften für Handel und Industrie verängstigen Unternehmer. Die Produktion eigener Waren kommt nur noch schleppend voran, fast alle Produkte müssen importiert werden.

Die Regierung verlässt sich blind auf die sprudelnden öleinkünfte, vernachlässigt aber Investitionen in eine nachhaltige eigene Industrieproduktion. Wirtschaftswissenschaftler Jose Guerra von der Zentralen Universität von Venezuela in Caracas kritisiert den früheren Busfahrer im Präsidentenpalast und Zögling des verstorbenen Hugo Chavez scharf: "Maduro ist ein Mann, der das ABC der Wirtschaft nicht beherrscht - und nicht einmal weiß, wie eine Wirtschaft funktioniert."

Kirche bietet sich als Dialogpartner an

Ähnlich sehen es die katholischen Bischöfe; allerdings formulieren sie es etwas höflicher: Die Wirtschaftskrise müsse von den öffentlichen Autoritäten mit den Unternehmern, Händlern und kompetenten Institutionen gemeinsam angegangen werden. Die Kirche biete weiterhin ihre Mitarbeit an, "um die besten Beziehungen zwischen den verschiedenen Sektoren der Gesellschaft zu erreichen".

Quelle: KNA, Autor: Tobias Käufer

Grundnahrungsmittel werden knapp in Venezuela: Schlange stehen für Milch im Supermarkt. Foto: Flickr/paisdechavez, CC BY-NC-SA 2.0.

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