Mexiko: Bande bedroht Kindergarten wegen eines Lotteriegewinns
Umgerechnet 950.000 Dollar betrug der Lotteriegewinn vor gut einem Jahr für einen Kindergarten in Ocosingo im Süden Mexikos. Die Eltern der Kinder werden seither bedroht. 28 Familien sind aus dem Ort geflüchtet.
Kurz nachdem der Lotteriegewinn eines Kindergartens in Ocosingo, im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas, bekannt geworden war, erhielten die mit der Verwaltung beauftragten Eltern Drohungen einer bewaffneten Gruppe. Die kriminelle Bande forderte, mit dem Geld Waffen für sie zu kaufen. Mittlerweile ist die Lage eskaliert, 28 Familien sind aus dem Ort geflohen. In Mexiko ist Bandengewalt gegen die Bevölkerung weit verbreitet. Bewaffnete Gruppen erpressen ganze Dorfgemeinschaften, um die Kontrolle über bestimmte Gebiete zu erlangen.
Im Fall von Ocosingo profitierte der Kindergarten von einer Charity-Aktion. Anonyme Wohltäter hatten die Lotterie-Lose gekauft und sie in ganz Mexiko an bedürftige Schulen und Kindergärten gespendet. Die einmalige staatliche Lotterie-Aktion hatte einen besonderen Hintergrund: Da sich kein Käufer für das Präsidentenflugzeug fand, sollte der Wert durch den Verkauf von rund sechs Millionen Lotterielosen erzielt werden. Damit löste Präsident Andrés Manuel López Obrador sein Wahlkampfversprechen ein, sich von dem luxuriösen Präsidentenflugzeug zu trennen.
Eltern ließen sich nicht erpressen
Mexikanische Zeitungen hatten nach der Auslosung eine Liste der 100 Gewinner veröffentlicht. Zu den Gewinnern zählte auch der kleine Kindergarten in dem indigenen Dorf Ocosingo, den 25 Kinder besuchen. Was zunächst ein Segen war, der gefeiert wurde, entwickelte sich in der Folge zu einem Fluch. Elternvertreter erhielten Drohungen von einer bewaffneten Gruppe mit Namen Los Petules. Mit dem Preisgeld sollten Waffen gekauft werden für einen Angriff auf eine rivalisierende Gruppe im Nachbardorf. Die Eltern weigerten sich und gaben einen Teil des Geldes stattdessen für ein neues Kindergarten-Dach aus.
Die Drohungen nahmen in diesem Jahr zu, nachdem die Eltern entschieden hatten, den Rest des Gewinns für Ausbesserungsarbeiten im Dorf zu verwenden. Im März wurde der Vater eines Kindes von Bandenmitgliedern angeschossen, die die Aushändigung des Preisgeldes gefordert hatten. Vor einigen Wochen eskalierte die Situation weiter, als die Bande Frauen und Kinder im Dorf angriff, woraufhin 28 Familien flohen und alles zurückließen, was sie besaßen, auch ihr Vieh. Einem Sprecher der Familien zufolge, haben diese die lokalen Behörden alarmiert. Eine Rückkehr sei erst möglich, wenn die Bande entwaffnet und aufgelöst sei.