Mehr als 100.000 Entführungen im Jahr 2012
Das Nationale Institut für Statistik und Geografie (INEGI) in Mexiko erfasste für das Jahr 2012 erstmals eine Entführungsstatistik. Demnach wurden letztes Jahr mehr als 105.600 Personen in Mexiko entführt. Das sind 79-Mal mehr als das Nationale System der öffentlichen Sicherheit (SNSP) für das vergangene Jahr ermittelt hat. Nach offizieller Statistik der Regierung wurden lediglich 1.317 Fälle wegen Kidnapping zur Anzeige gebracht.
Die Nationale Umfrage zu den Opfern und der Wahrnehmung der öffentlichen Sicherheit (Envipe), durchgeführt von INEGI, zeigt ein trauriges Abbild des mexikanischen Alltags. Raubüberfälle, gewaltsames Verschwinden und Entführungen mit Lösegelderpressungen befinden sich weiterhin auf dem Höchststand in der mexikanischen Geschichte. Entführungen mit niedrigen Lösegeldsummen sind besonders lukrativ für die Erpresser, da die Angehörigen der Opfer nur selten die Polizei einschalten. Laut Envipe wurden im Jahr 2012 täglich insgesamt 290 Personen entführt und anschließend Lösegeld von den Familienangehörigen gefordert. Das bedeutet, dass durchschnittlich alle fünf Minuten eine Entführung an irgendeinem Ort in Mexiko passierte.
Adrián Franco, Generaldirektor bei INEGI für den Bereich Statistiken, öffentliche Sicherheit und Gerechtigkeit, ist sich sicher, dass die Studie zu wissenschaftlich gesicherten Ergebnissen kommt. Die Dunkelziffer sei jedoch bei dieser Art von Verbrechen besonders hoch, so dass in Wirklichkeit noch von deutlich mehr Vorfällen auszugehen sei.
Statistiken über Entführungen sind allgemein schwer zu erheben, da viele Opferfamilien die Ereignisse nicht an die öffentlichkeit tragen oder bei der Polizei melden – meist aus Angst um die Entführungsopfer und aufgrund der gestellten Lösegeldbedingungen. Man will die Entführer nicht provozieren, um Kurzschlusshandlungen der Täter zu vermeiden. Trotzdem lässt sich sagen, dass allein in Ländern wie Mexiko und Kolumbien, in denen offizielle Entführungsstatistiken vorliegen, die große Anzahl an Entführungen eine wachsende Gefahr für die politische Stabilität darstellt. (sck)