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Leonardo Boff mit Weizsäcker-Medaille geehrt

Der brasilianische Theologe Leonardo Boff gilt als einer der "Väter der Befreiungstheologie". Foto: Silvina Frydlewsky / Ministerio de Cultura de la Nación, CC BY-SA 2.0
Der brasilianische Theologe Leonardo Boff gilt als einer der "Väter der Befreiungstheologie". Foto: Silvina Frydlewsky / Ministerio de Cultura de la Nación, CC BY-SA 2.0

Er ist einer der bekanntesten Vertreter der lateinamerikanischen Theologie der Befreiung. In den 1980er Jahren stand Leonardo Boff auch deshalb im Mittelpunkt vatikanischer Kritik. Nachdem es in den vergangenen Jahren ruhiger um ihn geworden war, erhielt der 77-Jährige am Sonntag, 27. November 2016, in Berlin eine hohe Auszeichnung.

Nach dem sowjetischen Staatspräsident Michail Gorbatschow (85) wurde Boff mit der zum zweiten Mal vergebenen Carl Friedrich von Weizsäcker-Medaille geehrt. Die nach dem 2007 gestorbenen Physiker, Philosoph und Friedensforscher benannte Gesellschaft würdigte damit "sein entschiedenes Eintreten für eine wohlverstandene Befreiungstheologie". Boff trage zu einem Bewusstseinswandel bei, den eine Ethik der Moderne verlange, so die Weizsäcker-Gesellschaft. In seiner Laudatio würdigte der Mainzer Sozialethiker Gerhard Kruip ihn als "Pionier und herausragenden Vertreter" der Theologie der Befreiung.

Geboren wurde Boff als Sohn italienischer Einwanderer 1938 im Süden Brasiliens. 1964, in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils, trat er in den Franziskanerorden ein. Sein Theologiestudium an europäischen Universitäten, etwa beim Jesuiten Karl Rahner in München, beendete er 1970 mit einer Doktorarbeit, die er unter anderen bei Joseph Ratzinger erstellte - dem späteren Papst Benedikt XVI. Er sei damals befreundet gewesen mit Ratzinger, einer "äußerst feinsinnigen Person", erinnert sich Boff an Ratzinger, der ihn wegen seiner theologischen Positionen später streng maßregelte.

Kirchenbild als Stein des Anstoßes

Nach den Jahren in Europa kehrte Boff nach Lateinamerika zurück - auf einen Kontinent, der damals gleichermaßen von Militärdiktaturen, schreiender Armut und zementierter Ungerechtigkeit geprägt war. Die Frage, die sich stelle, sei, wie man Gott verkündigen könne "in einer Welt des Elends", sagt er. Seit 1970 gab Boff die Reihe "Theologie und Befreiung" heraus, zählte auch zu den Mitherausgebern der angesehenen theologischen Zeitschrift "Concilium". Als er 1981, zunächst auf Portugiesisch, das Buch "Kirche: Charisma und Macht" veröffentlichte, war er nicht mehr nur Fachleuten bekannt. Mit diesem Werk stieß er auf massiven Widerspruch Roms - nicht wegen der sozialkritischen Perspektive der Befreiungstheologie, sondern wegen des Kirchenbildes.

Denn Boff stellt in seiner Analyse - bis heute - unter Bezug auf die Reformation das katholische Kirchenbild in Frage. Der Institution stellt er die "wahre Kirche" des Heiligen Geistes entgegen, die lebendige Kirche der Armen. Das ist theologischer Sprengstoff. 1984 wurde Boff nach Rom geladen, zum Gespräch mit Ratzinger, dem Präfekten der Glaubenskongregation. Ein Jahr später folgte ein Rede- und Lehrverbot, die Enthebung von allen kirchlichen Ämtern, die Anordnung eines Bußschweigens.

Austritt aus dem Franziskanerorden

Zwar erhielt er 1986 seine Ämter und seine Lehrbefugnis zurück, doch weitere Bücher, unter anderem zur Christologie, sorgten für weitere Kontroversen mit Rom. Als 1992 ein erneutes Rede- und Lehrverbot drohte, trat Boff aus dem Franziskanerorden aus und legte bald auch sein Priesteramt nieder. Danach lehrte er Ethik, Philosophie und Religion an der Universität von Rio de Janeiro. Er engagierte sich für Basisgemeinden und widmete sich verstärkt ökologischen Themen.

Mit zahlreichen Büchern gehört Boff weltweit zu einer der prominenten, eher theologisch-mystischen denn fachtheologischen Stimmen. Seine Spiritualität setzt auf eine lebendige Begegnung mit Gott, nicht auf religiöse Macht. Zahlreiche Ehrungen, darunter 2001 der Alternative Nobelpreis, würdigen sein Lebenswerk. Heute lebt Boff mit der Theologin Marcia Maria Monteiro de Miranda in einem ökologischen Projekt in Petropolis, einer Stadt 60 Kilometer nördlich von Rio.

Auf einer Linie mit dem Papst

Immer wieder äußert er auch heute Kritik an den Zuständen in seinem Heimatkontinent. Im heutigen Papst sieht Boff seine Sicht auf Kirche und Theologie bestätigt, auch wenn Franziskus nicht ausdrücklich von Befreiungstheologie spricht, wie Boff in seiner Berliner Dankesrede einräumte. Mit ihm, sagt Boff, habe er "die Hoffnung, dass die Kirche auf der Seite der Leidenden stehen wird".

Quelle: KNA, Autoren: Christoph Strack und Gregor Krumpholz

Foto: Silvina Frydlewsky / Ministerio de Cultura de la Nación, CC BY-SA 2.0

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