Klassenziel: Bester Präsident aller Zeiten
Ein gelöster Ollanta Humala zog im peruanischen Fernsehen Bilanz über seine ersten 100 Tage im Amt. Vier von ihm ausgesuchten Journalisten stand der Präsident Rede und Antwort und setzte damit seiner Kommunikationsscheu ein Ende. Anders als sein eloquenter Amtsvorgänger Alan Garcia oder auch sein angeblicher politischer Ziehvater, Venezuelas Präsident Hugo Chavez, scheute der 48-jährige Humala bislang Scheinwerfer, Kameras und Mikrofone.
Er sei halt ein wenig schüchtern, meinte er auf Nachfrage eines Journalisten - und außerdem hätten die Peruaner lieber einen Präsidenten, der ihre Probleme löse, statt große Reden zu schwingen. Und getan hat Humala einiges in seinen ersten 100 Tagen im Amt. Von der Einführung einer neuen Steuer für die mächtigen Bergbaufirmen über die Schaffung eines neuen Ministeriums für soziale Inklusion bis hin zu mehreren Sozialprogrammen reicht sein Arbeitsnachweis. Am erstaunlichsten ist dabei, dass nach gut drei Monaten im Amt gerade jene Wirtschaftskreise, die Humala im Wahlkampf am stärksten bekämpften, heute voll des Lobes sind.
Mehrmals versprach Humala in dem TV-Interview, die Verpflichtungen Perus gegenüber den ausländischen Investoren einzuhalten. Investitionen seien wichtig, um den Gewinn mittels Sozialprogrammen im Land verteilen zu können. Humala mag damit die Wirtschaftsbosse beruhigt haben, aber ob die Dorfgemeinschaften, die allenthalben in Peru gegen Bergbau-, Wasserkraft- und Erdölprojekte mobil machen, sich damit zufrieden geben, dürfte fraglich sein.
Zuletzt warf Humala den Vorschlag eines nationalen Referendums in die Debatte: Das peruanische Volk soll abstimmen, wie die jeweiligen Gebiete wirtschaftlich genutzt werden sollen. Bereits heute stehen sich vielerorts Landwirte und Bergleute in Peru erbittert gegenüber. Das vor zwei Monaten erlassene Gesetz zur Konsultation indigener Gemeinschaften soll Abhilfe schaffen, harrt aber bis heute noch seiner Ausführungsbestimmungen. Der Präsident ließ keinen Zweifel an seinem Blick auf Investitionen und Wirtschaftswachstum. Freilich fehlte in seinen Ausführungen die Umwelt als eine zu schonende Ressource.
Obwohl der sonst eher steif, zuweilen gar unbeholfen auftretende Humala am Schluss des Interviews sogar lächelte und Witze machte, so ist der Honeymoon für seine Regierung dennoch schon zu Ende. Der erste Schlag kam allerdings nicht wie erwartet von der Wirtschaftslobby, sondern aus seiner eigenen Partei. Der zweite Vizepräsident und ehemalige oberste Anti-Korruptions-Staatsanwalt Omar Chehade wird der versuchten Einflussnahme zugunsten einer Privatpartei bezichtigt. Eine schwerwiegende Anschuldigung für eine Regierung, die gerade wegen ihrer Kampfansage an die Korruption gewählt wurde.
Auf die Frage, wie Humala nach seiner Amtszeit gesehen werden möchte, antwortete er dennoch: als ein Präsident, der sein Wort gehalten und sich nicht persönlich bereichert habe - mit anderen Worten: als bester Präsident, den Peru jemals hatte. Nun hat er noch fast fünf Jahre Zeit, das unter Beweis zu stellen.
Quelle: KNA, Hildegard Willer