Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Honduras |

Kirche: Keine Stimme für Korrupte in Honduras

Am Sonntag wird in Honduras gewählt. Die rechte, autoritäre Regierung setze auf Angst und Apathie, sagt der Jesuitenpater Ismael Moreno im Interview mit Blickpunkt Lateinamerika. „Die Bischofskonferenz hingegen hat in den vergangenen drei Monaten eine sehr aktive Rolle gespielt und konstant an die Wähler appelliert, ihre Stimme abzugeben, und zwar nicht für Korrupte und Drogenhändler“, so der Menschenrechtsverteidiger und Direktor von Radio Progreso, dessen Arbeit vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt wird. 

Isabel Moreno Coto, genannt Padre Melo, setzt sich in Hondurasa mit seinem Redaktionsteam von Radio Progreso gegen Ungerechtigkeiten ein und gibt denen eine Stimme, die von der Politik nicht gehört werden. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Isabel Moreno Coto, genannt Padre Melo, setzt sich in Hondurasa mit seinem Redaktionsteam von Radio Progreso gegen Ungerechtigkeiten ein und gibt denen eine Stimme, die von der Politik nicht gehört werden. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Blickpunkt Lateinamerika: Padre Melo, in welcher Verfassung geht Honduras am Sonntag an die Urnen?

Padre Melo: Der Wahlkampf war geprägt von der Konfrontation zwischen zwei großen Lagern. Auf der einen Seite die regierende (rechte) Nationalpartei mit dem Kandidaten Tito Asfura, auf der anderen das Linksbündnis Libre rund um Xiomara Castro (die Frau des 2009 gestürzten Ex-Präsidenten Mel Zelaya). Ihr schloss sich auf der Zielgeraden der TV-Präsentator Salvador Nasralla an, der eher in der Mitte zu verorten ist. Im Wahlkampf ging es hauptsächlich um gegenseitige Diffamierung und Einschüchterung. Inhaltlich hat man kaum etwas erfahren. 

Honduras ist ja schon über ein Jahrzehnt lang politisch polarisiert. Weshalb kommt das Land nicht aus dieser Falle heraus?

Das liegt daran, dass die Politiker ihre eigenen Interessen über die des Landes stellen. Wir von Seiten der Kirche haben für ein umfassendes Oppositionsbündnis plädiert, um die regierende Nationalpartei zu besiegen. Sie hat Honduras enorm geschadet durch die ausufernde Korruption, die Gewaltkriminalität und die Verwicklung führender Politiker in den Drogenhandel. Diese Allianz kam wegen der Egos der Führungsfiguren leider nicht zustande. Erst vor kurzem hat Nasralla zugunsten von Xiomara auf seine eigene Kandidatur verzichtet.

Bei der letzten Wahl 2017 ließ sich ja Präsident Juan Orlando Hernández wiederwählen. Dabei kam es Beobachtern zufolge zu Unregelmäßigkeiten. Sind auch diesmal Manipulationen zu erwarten?

Alle haben Angst, dass die Streitkräfte, die auf der Seite der Nationalpartei sind, in die Wahlen eingreifen könnten. Ich habe den Eindruck, dass diese Angst bewusst von den Herrschenden angefacht wird, damit viele Honduraner den Urnen fernbleiben. Ich bin überzeugt, dass sich das Szenario von 2017, (als die Auszählung plötzlich unterbrochen wurde), nicht wiederholt. Nur wenn so viele wie möglich wählen gehen, gelingt uns der dringend benötigte Kurswechsel. Die Bischofskonferenz hat in den vergangenen drei Monaten eine sehr aktive Rolle gespielt und konstant an die Wähler appelliert, ihre Stimme abzugeben, und zwar nicht für Korrupte und Drogenhändler.

Aber nach Aufbruchstimmung fühlt es sich nicht wirklich an. Man hat eher den Eindruck, die Honduraner wollten ihrem Land möglichst rasch den Rücken kehren…

Ja, die Menschen sind von der Politik enttäuscht. Vor allem die jungen Leute organisieren Migrantenkarawanen, um in die USA zu gehen. Es herrscht viel Apathie. Trotzdem hoffe ich, dass unsere Kampagne am Wahltag ihre Früchte trägt und die Menschen an die Urnen gehen.

Präsident Hernández kontrolliert den Wahlrat, die Justiz, das Parlament, die Streitkräfte. Außerdem sitzt sein Bruder wegen Drogenhandels in den USA in Haft, auch gegen ihn selbst gibt es entsprechende Vorwürfe. Welche Garantien gibt es überhaupt, dass er einen etwaigen Sieg der Opposition anerkennen würde?

Ich glaube, dass das Ergebnis recht knapp ausfallen wird, und daher ist die Gefahr von Wahlbetrug groß. Die Rolle der internationalen Beobachter wird entscheidend sein. 

Nun ja, schon beim letzten Mal hatte die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Unregelmäßigkeiten angeprangert. Folgen hatte das nicht.

Ich glaube, die internationale Gemeinschaft hat aus ihren Fehlern gelernt. Diesmal ist die OAS sehr viel aktiver. Leiter der Mission ist der costaricanische Expräsident Luis Guillermo Solis, eine Referenzfigur der Demokratie.  Auch die US-Regierung, die letztes Mal sehr passiv war, hat diesmal ein paar Signale gegeben, dass sie an einer fairen Wahl interessiert ist. So wurde unlängst nach fünf Jahren Vakanz eine Botschafterin ernannt, und US-Funktionäre haben mit allen Kandidaten und dem Wahlrat gesprochen.

Welche Szenarien erwarten Sie nach der Wahl?

Mein Wunschszenario ist, dass alles ruhig und friedlich abläuft, und der Verlierer seine Niederlage einräumt. Das ist allerdings nicht sehr wahrscheinlich, so aggressiv wie der Wahlkampf ablief. Das Gegenteil wäre ein knapper Ausgang und eine gewalttätige Konfrontation auf den Straßen, die dann von den Sicherheitskräften und von den kriminellen Banden, den Maras, entschieden wird. Man hört von den Maras, dass sie sich darauf vorbereiten, das Land zu destabilisieren. Ich vermute, dass es letztlich irgendwas dazwischen wird. Also vereinzelte Konfrontationen, die aber nicht das ganze Land in Brand setzen. Und dann kommt es darauf an, wie die internationale Gemeinschaft und die USA Druck ausüben und vermitteln.

Wenn es so kommt, wird wohl das Schicksal von Präsident Hernández ganz oben auf der Verhandlungsliste stehen. Denn ihm droht eine Auslieferung und ein Prozess in den USA. 

Das ist richtig. Hernández Priorität ist, eine Auslieferung zu vermeiden. Neulich reiste er nach Israel, angeblich, um die Möglichkeit seiner Niederlassung dort auszuloten. Dort habe man ihm gesagt, Israel wolle seine Beziehungen zu den USA nicht aufs Spiel setzen. Nun munkelt man, er sei in Verhandlungen mit der linken sandinistischen Führung in Nicaragua. Das ist ziemlich kurios und zeigt, dass, wenn es um Macht und Geld geht, Ideologie keine Rolle spielt.

 

Honduras' Stimme der Armen und Kleinbauern

Padre Ismael Moreno Coto ist Priester, Journalist und ein lauter Kritiker der Regierung. Den Armen und Benachteiligten gibt er eine Stimme und unterstützt sie im Kampf um ihre Rechte. Ein Porträt:

Interview: Sandra Weiss, Honduras

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