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Venezuela |

Interview: "Unser Protest endet, wenn die Ungerechtigkeit endet"

Enrique Altimari ist einer der Sprecher der oppositionellen Studentenbewegung in Venezuela. Foto: Tobias Käufer
Enrique Altimari ist einer der Sprecher der oppositionellen Studentenbewegung in Venezuela. Foto: Tobias Käufer

Enrique Altimari gehört als Vorsitzender des "Centro de Estudiantes de la Universidad Monteávila" zu den führenden Köpfen der oppositionellen Studentenbewegung in Venezuela. Blickpunkt Lateinamerika hat sich mit ihm in Caracas getroffen und über die aktuelle Situation im Land gesprochen.

Wie wichtig ist die Studentenbewegung für die demokratische Kultur des Landes?

Altimari: "In diesem Moment ist sie sehr wichtig. In diesem Land gibt es politisch betrachtet ein hohes Maß an Improvisation. Wir haben unsere Niederlagen erlitten, aber auch schon Erfolge gefeiert. Dass sehr viele junge Venezolaner unserer Einladung gefolgt sind, ihren politischen Willen auszudrücken, halte ich für einen großen Erfolg für unsere Demokratie."

Wer steckt dahinter? Welche Strukturen gibt es?

Altimari: "Jeder der an diesem Netzwerk beteiligten Universitäten entsendet zwei Studenten, die von der Studentenschaft gewählt werden. Diese Studententreffen gibt es seit 2007. Wir haben eine Struktur, in denen verschiedene Arbeitsgruppen Aufgaben übernehmen, zum Beispiel Strategie oder Kommunikation. Jede teilnehmende Universität entsendet einen Studentin oder eine Studenten in jede Arbeitsgruppe. Wir führen wöchentlich drei Versammlungen durch, dort diskutieren wir die Situation und versuchen eine Position zu erarbeiten, mit der wir alle leben und die wir auch gemeinsam nach außen vertreten können."

Früher waren Studentenbewegungen traditionell eher dem linken politischen Spektrum zugeordnet. Jetzt ist scheint es zum ersten Mal eine Studentenbewegung gegen eine linke Regierung zu geben?

Altimari: "Die Studentenbewegung kämpft nicht gegen eine linke Regierung, sondern gegen ein Regime mit totalitären Tendenzen, dass die institutionelle Demokratie ausgehöhlt und damit abgeschafft hat. Das Phänomen Venezuela ist einzigartig, denn wir haben ein einzigartiges Regime, das nach 15 Jahren an der Macht einen Apparat geschaffen hat, der praktisch unkontrollierbar ist."

Wogegen demonstriert die Bewegung?

Altimari: "Die Proteste werden enden, wenn die Ungerechtigkeit endet. Das ist das Ziel des Protestes. Wir demonstrieren gegen die Kriminalität und deren niedriger Aufklärungsrate, die Lebensmittelknappheit, die Inflation, die Zensur, die totalitären Züge des Regimes, die Gewalt gegen die Studenten. Wir demonstrieren für Demokratie und Gerechtigkeit. Und wir fordern, dass die Regierung mit diesen Lügen über uns in den offziellen Medien aufhört. Wir sind keine Faschisten oder Putschisten, wir sind Venezolaner, die friedlich auf die Misstände im Land hinweisen. Das ist unser gutes Recht."

Sie sprechen die Gewalt an. Welche Beweise gibt es denn, dass verhaftete Studenten gefoltert werden?

Altimari: "Zunächst einmal sind die Leichen der toten Studenten ja ein sichtbarer Beweis für die Gewalt gegen die Demonstranten. Uns sind bislang 33 Fälle von Folter bekannt. Dem Foro Penal Venezolano, einer Nichtregierungsorganisation, die aus politischen Gründen verhafteten Studenten rechtlichen Beistand leistet, liegen die medizinischen Befunde vor."

Haben Sie irgendwelche Reaktionen von anderen Studentenorganisationen aus Lateinamerika erhalten?

Altimari: "Ich weiß, dass wir einen Brief von einer chilenischen Universität erhalten haben, die unser Anliegen unterstützt. Und es gibt eine Reaktion ebenfalls aus Chile, die sich hinter die Regierung von Nicolas Maduro stellt. Ansonsten halten sich die Studentenorganisationen sehr zurück."

Wie könnte denn ein Ausweg aus diesem Konflikt aussehen?

Altimari: "Es gibt verschiedene Szenarien. Einer wäre, dass man einen für alle realistischen und glaubwürdigen Ausweg aufzeigt, an den die Menschen glauben können und der dann Zug für Zug umgesetzt wird. Ein anderes Szenario wäre, dass das Volk die Regierung stürzt und dass es einen schnellen Regierungswechsel gibt. Und zu befürchten wäre natürlich auch, dass das Regime seine totalitäre Haltung und die Repressionen noch weiter intensiviert."

Interview: Tobias Käufer, Caracas

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