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Ecuador |

"Ich würde nicht mehr den Schritt zurück machen"

Der Anbau von Baumtomaten (Solanum betaceum) schien lukrativ, aber verdient habe daran letztendlich nur die Chemiefabrik, sagt Isauro Bolaños, Präsident der Föderation der ökobauern des Intag (CAI). Er hat umgestellt auf Bio und ist zufrieden. Sein Essen kommt wieder vom eigenen Feld. Warum viele Landwirte diesen Schritt nicht tun, erzählt er im Gespräch.

Herr Bolaños, wie sind Sie zum ökobauern geworden?

Das war vor mehr als zehn Jahren. Damals wurde hier viel Baumtomate in Monokultur angebaut. Die Bauern haben gedacht, damit würden sie ihre wirtschaftliche Situation verbessern. Aber im Gegenteil, wir hatten große Verluste.

Weil die Preiskalkulation nicht aufging?

Das war nur ein Grund, ein anderer war die Gesundheit. Man muss sehr viele Chemikalien spritzen. Mein Vater hatte ein Feld von einem Hektar und wir mussten dort für 10.000 US-Dollar sprühen. Die Einnahmen betrugen dann nur 5.000 US-Dollar. Am Anbau verdiente also nur die Chemiefabrik.

Aber das Andere war zu sehen, dass manch ein Kollege fast gestorben ist. Ein junger Bauer, der war damals auch um die 20 Jahre alt, so wie ich, musste aufhören mit der Landwirtschaft. Er wurde schwer krank von den Chemikalien, hatte Kopfschmerzen, ständig gerötete Augen, Nierenentzündungen, Magenbeschwerden. Auch die Kinder hier wurden krank. Diese Beobachtungen sind es, die einen über die Dinge nachdenken lassen. Ein anderer Punkt ist unsere Ernährungssouveränität, die wir damals völlig aufgegeben hatten.

Was meinen Sie damit, dass Sie die Ernährungssouveränität aufgegeben hatten?

Nun, vor zehn Jahren gab es hier auf dieser Finca nur Baumtomaten in Monokultur. Da wuchs kein Maniok, kein Mais, keine Limonen, nichts davon. Alles voller Tomate de Arbol – und gespritzt! Unser Essen, Süßkartoffeln, Morocho, Maniok, haben wir also nicht selbst produziert, sondern gekauft. Na, und oft war es nicht einmal das: Wir lebten von Nudeln, Reis, Linsen. Alles im Laden gekauft. Allein auf diesem kleinen Feld, wo wir vorhin waren, ernten wir 50 Körbe Maniok. Ein Korb davon kostet auf dem Markt 10 US-Dollar. Das sind also 500 US-Dollar. Das würden wir jetzt also ausgeben, um selbst Maniok zu haben, wenn wir weiter Baumtomaten anbauen würden. Dabei gewinnt man letztlich gar nichts! So ist es viel gesünder, das spürt man und ich würde nicht mehr den Schritt zurück machen.

Wenn man durch die Region Intag fährt, sieht man nicht oft Mischfruchtanbau und Maßnahmen gegen die Bodenerosion am Hang, so wie hier. Ist es schwierig, andere Bauern zu überzeugen?

Wir machen mit anderen Organisationen Workshops, wo wir unser Wissen austauschen und Bauern die ökologische Landwirtschaft vorstellen. Bauern muss man mit Fakten überzeugen. Wenn sie hierher kommen, verstehen sie das.

Aber es gibt Landwirte, die wollen morgen ein Resultat sehen. Nun ist die Umstellung auf ökolandbau aber ein langer, aufwändiger Prozess. Die Böden müssen sich erst einmal erholen, die Mikroorganismen wieder zu arbeiten beginnen. Wenn ich einen Boden, der jahrelang mit chemischem Dünger bearbeitet wurde, plötzlich nicht mehr damit dünge, ist die Ernte im kommenden Jahr nur noch halb so groß. Oder sie bleibt erstmal ganz aus. Dann geht es aufwärts und langfristig gesehen, sind die Ernteergebnisse besser.

Nur, manche Bauern sagen: „Na gut, und wenn ich jetzt auf organischen Dünger umstelle und der Boden arbeitet nicht: Wovon soll ich dann leben?“ Das ist die Situation dort.

Wir haben unseren ökoanbau auch als alternative Einkommensquelle begonnen, als Alternative gegen den Bergbau. Unsere Organisation hat sich klar gegen den Bergbau positioniert. Es gibt aber zum Beispiel Dörfer, die sich für den Bergbau ausgesprochen haben, wo wir gar nicht hingehen können, um zu beraten. Das ist auch ein Problem. Und in manchen Gemeinden denken die Bewohner auch: Es ist besser, als Angestellte im Bergbau zu arbeiten. Da sehe ich meine Zukunft. Denen kann ich auch nicht sagen: Geh zurück aufs Feld!

Wie steht es um die Jugend?

Beim letzten Zensus gab es nur in einem von den sechs Gemeindebezirken einen Bevölkerungszuwachs. Viele junge Leute gehen weg. Das liegt auch daran, dass in den Schulen vermittelt wird: Woanders ist es besser, Arbeit auf dem Feld ist nichts wert. Und dann gehen viele. Ich ging nach der Schule auch erstmal weg. Dann ich kam ich wieder.

Warum sind Sie zurückgekommen?

Zum einen ist das Leben in der Stadt sehr teuer. Und dort schenkt keiner dem anderen was. Mir gefällt es mehr, in der Ruhe zu leben, ohne den Lärm und den Schmutz der Städte.

Interview: Bettina Hoyer

ökolandbau in der Region Intag / Foto: Hoyer

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