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Peru |

"Holz, das im Wald herumsteht, ist nichts wert"

Leiter des Programms für Forstwirtschaft und Wildtiernutzung im peruanischen Departement Loreto zu sein - das hat gewisse Dimensionen. Man bestimmt über die Nutzung von rund 37 Millionen Hektar Amazonaswald. Das sind 60 Prozent der gesamten Waldfläche Perus.

Das Departement umfasst insgesamt ein Gebiet von 368.851 Quadratkilometern. Mit 2,4 Einwohnern pro Quadratkilometer. Zum Vergleich: Deutschland ist 357.212 Quadratkilometer groß. Leiter dieses Programms ist der Ingenieur Abel Benítez. Er bestimmt zu großen Teilen über die Nutzung dieser riesigen Waldfläche.

Eine enorme Versuchung

Geld, so sagt man, muss arbeiten. Deshalb gehöre es in eine Bank und nicht unters Kopfkissen. So ähnlich sieht es Benítez auch mit den Wäldern. „Holz, das im Wald herumsteht, ist zu nichts nütze. Es ist nur eine Versuchung für den illegalen Holzeinschlag“, sagt er. So ganz Unrecht hat er damit nicht. Loretos Edelhölzer sind eine enorme Versuchung für alle, die schnelles Geld machen wollen.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie von Interpol und der UN-Umweltbehörde UNEP wagen die Autoren sogar einen Vergleich der Holzwirtschaft mit dem Drogenhandel. Weil die so verdammt lukrativ ist. Der offizielle Wert des legalen Holzgeschäfts liege bei etwa 327 Mrd. US-Dollar. Dann müsse man annehmen, dass illegaler Holzeinschlag zwischen 10 und 30 Prozent der weltweiten Holwirtschaft ausmacht und mit einbeziehen, dass zwischen 20 und 50 Prozent des legalen Holzes überhaupt erst nachträglich legalisiert wird. Das ergäbe dann ein Finanzvolumen der illegalen Holzwirtschaft, das irgendwo zwischen 30 Mrd. und 100 Mrd. US-Dollar jährlich anzusiedeln sei, so die Untersuchung.

Die kfw-Entwicklungsbank und das peruanische Umweltministerium schätzen einem Bericht von 2010, dass in Peru jährlich zwischen 94.000 und 150.000 Hektar Wald verloren gehen – das entspricht etwa der Fläche des Bundeslandes Berlin bzw. von Berlin und Hamburg zusammengenommen (und es wird moniert, das genaue Zahlen fehlen).

87.000 US-Dollar fürs Wegschauen

Bei Benítez klingt das so: „Wenn Sie heute investieren, haben Sie, wenn Sie legal arbeiten, im schlechtesten Fall nach drei Monaten ihr Geld wieder eingespielt und einen vierfachen Gewinn. Arbeiten Sie illegal, verdoppelt oder verdreifacht sich diese Summe noch einmal. Der Holzsektor ist sehr rentabel.“

Das bis 2008 in Peru implementierte Forstwirtschaftsmodell habe komplett auf Illegalität und Korruption basiert, erklärt der Funktionär in seinem Büro der Regionalregierung von Iquitos. „Es genügt, den Bericht der Ombudsstelle ´Defensoría del Pueblo´ von 2009 zu lesen. Dort steht, dass 90 Prozent des aus Loreto kommenden Holzes illegal war und 80 Prozent der Beamten, die bei der Waldbehörde INRENA gearbeitet haben, in Korruptionsfälle verstrickt waren.“ Auch Benítez seien einmal umgerechnet rund 87.000 Euro angeboten worden. Damit er wegsieht.

Loretos Wälder werden jetzt nicht mehr von der Zentralregierung in Lima verwaltet. Die hat bis heute kaum Interesse gezeigt. Am peruanischen Bruttoinlandsprodukt macht Holzwirtschaft nur zwischen ein und vier Prozent aus. Aber für Loreto hat Waldwirtschaft Priorität: „Neunzig Prozent der Arbeitsplätze in der Provinz hängen direkt oder indirekt von der Holzwirtschaft ab“, unterstreicht Benítez.

Interpol: Korruption gefährdet REDDplus

Die Korruption habe er bereits um etwa 20 Prozent senken können, sagt der Funktionär. „Durch eine andere Arbeitsphilosophie und den Einsatz von Experten.“ Genauer wird er nicht. Es ist ja auch eine Sisyphusarbeit.

Interpol und UNEP konstatieren, dass punktuelle Kontrollen keine Aussicht auf Erfolg gegen eine transnational operierende Holzmafia hätten. Freiwillige Handelsauflagen seien überhaupt keine Lösung. Eine Reduzierung von illegalem Holzeinschlag und Abholzung sei nur zu erwarten, wenn die Rentabilität „drastisch“ sinke und zudem alternative Einkommensquellen Handelsanreize schaffen könnten.

Auch wer Urwaldriesen als potentiell wertvolle „Kohlendioxid-Fänger“ ins Feld führt, die im Rahmen eines künftigen REDDplus-Programms doch einen Geld-Wert haben könnten, während sie im Wald Hunderte Jahre alt werden, den enttäuschen die Autoren der Studie. REDDplus sei gerade wegen der gegenwärtig aufgelegten Milliarden schweren Förderprogramme äußerst interessant für die Holzmafia – und könnte deshalb komplett scheitern.

Zum Wald in Loreto, mit einem "Potential von 2.915.000.000 Kubikmetern Holz" in dem schätzungsweise 2.500 Arten leben, hieß es 2005 in einer Studie des Transportministeriums, die für den Straßenbau geschrieben wurde: "Zweifellos wird diese große Artenvielfalt ernsthafte Probleme bei der forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und Nutzung bereiten". Es bedarf eines grundsätzlicheren Wandels in den Köpfen, bezüglich des "Wertes" von Dingen und Wesen. Kapitalisierung und Entwicklungslogik haben ihre Grenzen.

Autorin: Bettina Hoyer

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