Haitianische Flüchtlinge haben gute Chancen auf Arbeit
Haitianische Flüchtlinge haben einen langen Weg hinter sich, wenn sie endlich in Brasilien ankommen. Er begann oft in der Dominikanischen Republik, dem Nachbarland, und führte über Lima ins Grenzgebiet von Brasilien, Bolivien und Peru. Um die Flüchtlinge nach Brasilien zu bringen, verlangen Menschenhändler mitunter hohe Geldsummen.
Von den zu Jahresbeginn schätzungsweise etwa 4.000 haitianischen Flüchtlingen im Amazonas-Bundesstaat Acre gehen viele inzwischen einer legalen Beschäftigung in anderen Teilen Brasiliens nach. Dutzende Haitianer haben im Laufe dieses Jahres gut 4.000 Kilometer zurückgelegt, um von der Stadt Brasiléia, an der Grenze zu Bolivien gelegen, nach Encantado in Brasiliens südlichstem Bundesstaat Rio Grande do Sul zu gelangen, wo sie gute Chancen auf Arbeit haben. Mittlerweile sind haitianische Migranten fast überall in Südbrasilien anzutreffen. Laut einer erfreulichen Statistik haben 2.311 haitianische Flüchtlinge im ersten Halbjahr 2012 einen regulären Arbeitsplatz bekommen. Das waren mehr als viermal soviele wie im Vergleichszeitraum im Jahr 2011.
Haitianer sind begehrte Arbeitskräfte
So beschäftigt der bekannte brasilianische Baukonzern Odebrecht derzeit 133 Haitianer auf zwei Baustellen für Wasserkraftwerke. Eine landwirtschaftliche Kooperative in Encantado wartet auf das Eintreffen haitianischer Arbeiter, und viele Unternehmen aus verschiedenen Bundesstaaten begeben sich eigens nach Acre, um Beschäftigte zu rekrutieren. Diese Beispiele zeigen deutlich, dass die Haitianer begehrte Arbeitskräfte sind. 37 Flüchtlinge warten derzeit noch auf eine Zuteilung zu einem Unternehmen.
Prozess der Visavergabe für Haitianer beschleunigt
Das zuständige Ministerium des Bundesstaats Acre verlangt eine genaue Beschreibung der Arbeitsbedingungen, denn die zu besetzende Stelle soll zum Arbeitssuchenden passen. Brasiliens Regierung erleichtert den Prozess, in dem sie für haitianische Flüchtlinge Visa aus humanitären Gründen ausstellt. Ein gültiges Visum ist in Brasilien notwendige Voraussetzung für eine Arbeitserlaubnis. Aufgabe der Unternehmen ist es, sich vor Ort in Acre mit den Flüchtlingen in Kontakt zu setzen und sie über Lohn und Arbeitsbedingungen aufzuklären. In ihrer Verantwortung liegt auch der Transport der neuen Beschäftigten zu ihrem Arbeitsplatz.
In der Baubranche ist der Bedarf besonders groß
Vor allem in der Bauwirtschaft finden die Haitianer Beschäftigung. Ein Unternehmen in Cuiabá, Hauptstadt des Bundesstaates Mato Grosso, zahlt durchschnittlich 750 Reais (etwa 300 Euro), was dem Lohn entspricht, den ein Brasilianer erhält, der die gleiche Tätigkeit ausübt. Die Haitianer arbeiten überwiegend als Hilfsmaurer. Kosten für Unterkunft und Verpflegung entstehen ihnen nicht. Der Nachteil daran ist, dass nach Abschluss der jeweiligen Arbeiten die Beschäftigung oft beendet ist. Allerdings profitieren die haitianischen Hilfsarbeiter vom Erfahrungsaustausch zwischen den Firmen. Ein Personalleiter lobt, die Haitianer hätten sich im Schnitt als verantwortungsvoller als ihre brasilianischen Kollegen erwiesen. Er würde nicht zögern, sie einzustellen, sobald er Arbeit habe.
Hürde Portugiesisch wird genommen
Der Odebrecht-Konzern hat ein Fortbildungs-Programm für Maurer und Zimmerleute aufgelegt. Besonderer Wert wurde auf fachbezogenen Portugiesisch-Unterricht gelegt. Auch wenn die neue Sprache den Haitianern anfangs schwerfiel, so zeigten sie doch großen Durchhaltewillen, der für einige mit der ersten Beförderung nach drei Monaten belohnt wurde. In der Regel überweisen die haitianischen Migranten einen Großteil ihres Lohns an die in Haiti zurück gebliebenen Familien.
Autor: Carlos Giffoni, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel, Quelle: adital