Haiti: Tausende protestieren gegen Verfassungsreferendum
Tausende Menschen haben in Haiti gegen das geplante Verfassungsreferendum protestiert. Sie werfen Präsident Moïse vor, er wolle mit der Änderung der Verfassung seine Macht stärken. Der Präsident spricht hingegen von einem notwendigen Schritt.
Einige hielten Plakate in den Händen, auf denen stand: "Jovenel muss weg". Gerichtet war die Botschaft an Haitis Präsident Jovenel Moïse. Wie die Nachrichtenagentur Efe berichtet, sind am gestrigen Montag (Ortszeit) tausende Haitianer durch die Straßen der Hauptstadt Port-au-Prince gezogen, um gegen ein für Juni geplantes Verfassungsreferendum zu protestieren.
An den Protesten gegen das Referendum nahmen laut Efe auch zahlreiche Politiker der Opposition teil. Der Protestzug endete im Zentrum der Hauptstadt, unweit des Präsidentenpalasts. Dort kam es teils zu tumultartigen Szenen: Um Demonstranten zu zerstreuen, die sich dem Sitz des Präsidenten näherten, setzte die Nationalpolizei Tränengas ein und gab Warnschüsse ab. Ob es Verletzte gab, ist bisher nicht bekannt.
Für heute wurden erneut Kundgebungen angekündigt. Der Protest richtet sich gegen die Pläne des Präsiden, die Verfassung zu ändern. Moïse argumentiert, dass die aktuelle Konstitution zu der seit Jahrzehnten andauernden Instabilität des Staates beitrage. Experten hatten dafür einen neuen Verfassungsentwurf ausgearbeitet, über den nun öffentlich diskutiert wird. Die Opposition weigert sich jedoch, an dem Prozess teilzunehmen.
Gegner des Referendums befürchten, Moïse versuche damit seine Macht zu stärken. Denn die Änderungen sehen vor, die Regierung umzustrukturieren und dem Präsidenten mehr Kompetenzen zuzuweisen. Obwohl der neue Entwurf der Verfassung eine Wiederwahl von Moïse in den für September anberaumten Präsidentschaftswahlen ausschließt, misstrauen ihm viele Haitianer. Auch der geplante Zeitpunkt des Referendums ist umstritten, denn das Land befindet sich seit knapp zwei Monaten im politischen Chaos.
Demonstranten fordern Moïse zum Rückzug auf
Anfang Februar dieses Jahres protestierten Tausende in ganz Haiti, um den Rücktritt des Präsidenten zu erzwingen. Sie beriefen sich auf die aktuelle Verfassung aus dem Jahr 1987, nach der die Amtszeit von Moïse nach nur vier Jahren im Februar geendet hätte. Der Präsident selbst besteht hingegen darauf fünf Jahre im Amt zu bleiben. Die oberste Justizbehörde wendete sich jedoch gegen den Präsidenten und erklärte sein Mandat für abgelaufen. Moïse sprach daraufhin von einem Staatsstreich und lies Richter und Polizisten einsperren. Nach eigener Aussage sei der Präsident darüber hinaus Opfer eines missglückten Mordanschlags geworden.
Dabei regiert der unpopuläre Präsident seit mehr als einem Jahr ausschließlich per Dekret, weil das Mandat des Parlaments bereits vergangenes Jahr ausgelaufen war. Der Ursprung des aktuellen Konflikts liegt in den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016. Moïse gewann die Wahl überraschend mit nicht einmal 600.000 Stimmen, in dem Land, das rund 11 Millionen Einwohnern hat. Die Wahlen wurden von Betrugsvorwürfen begleitet. Wegen darauffolgender Konflikte konnte er sein Amt nicht wie geplant 2016 antreten, sondern erst im Jahr 2017. Daher kommen die unterschiedlichen Meinungen über die Dauer seiner Amtszeit. Am 19. September sollen nun Neuwahlen stattfinden.