Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Guatemala |

Für Veränderungen braucht man politische Macht

Álvaro Ramazzini, Bischof der im Südwesten Guatemalas gelegen Diözese San Marcos, bezeichnet im Interview mit Noticias Aliadas den Kongress des Landes als eine „Katastrophe“. Die Regierung schenke den Klagen der Bevölkerung - etwa in Fragen des des Bergbaus - kein Gehör.

Die Friedensabkommen aus dem Jahr 1996 beendeten 36 Jahre Bürgerkrieg in Guatemala. Die Gewalt setzte sich aber fort. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Ich würde sagen, wir haben es mit einer sehr gewaltsamen Gesellschaft zu tun. Die Mordrate ist sehr hoch: jeden Tag werden 16 Menschen umgebracht. Die Gewalt ist eng verbunden mit dem Drogenhandel, aber auch mit den als „Maras“ bekannten Banden. Viele von deren jungen Mitgliedern kommen aus zerfallenen Familien. Sie hatten nie die Erfahrung, geliebt zu werden, und daher tragen sie einen sehr tiefen Hass auf die Gesellschaft in sich, auf eine sehr verarmte Gesellschaft. Das Phänomen der Emigration ist Beleg für diese Verarmung. Tausende von Guatemalteken versuchen, über Mexiko in die USA zu gelangen, unter Inkaufnahme aller Risiken, die hiermit verbunden sind.

Abgesehen von der Gewalt ist Guatemala ein hochgradig polarisiertes Land, dessen Wirtschaft sich auf ein Modell stützt, dem es nicht gelingt, die Ungleichheit zu überwinden. Der Reichtum konzentriert sich in den Händen einiger weniger.

In Guatemala scheinen alle Präsidenten die gleiche Politik zu verfolgen. Das gilt auch für die beiden letzten, Óscar Berger (2004 bis 2008), sowie Álvaro Colom, dessen Amtszeit 2012 enden wird. Würden Sie dem zustimmen?

Die Regierungen der beiden Genannten haben eine liberale Politik verfolgt. Das bedeutet, sie haben ausländischen Investitionen Vorrang eingeräumt, wobei transnationale Unternehmen besonders begünstigt wurden. Hier in San Marcos haben wir den kanadischen Goldproduzenten Goldcorp. Er zahlt nur ein Prozent an Lizenzgebühren. Er verbraucht so viel Wasser, wie er will, wobei das Risiko einer andauernden Verschmutzung besteht. Einen Nutzen für Guatemala gibt es nicht. Abgesehen von der Frage der Multinationalen begünstigt die gesamte Politik der Regierung die Konzentration des Reichtums in den Händen weniger. Jüngsten Studien zufolge entfällt der Reichtum Guatemalas auf 56 Familien.

Was ist also zu tun, um dieser Situation zu entkommen, die sich auf ewig fortzusetzen scheint?

Viele von uns in der Sozialpastoral stellen sich diese Frage. Was können wir tun? Was sollen wir tun? Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass sich die Dinge nur verändern lassen, indem man die politische Macht erlangt. Kürzlich ergab eine Meinungsumfrage unter Jugendlichen, dass diese mit einem Staatsstreich einverstanden wären. Ehrlich gesagt, hat es mich nicht überrascht. Derzeit haben wir einen Kongress, der eine Katastrophe ist. Wir haben eine Regierung, die den Klagen der Bevölkerung nicht zuhört. Zum Beispiel beim Thema Bergbau, oder bei der ländlichen Entwicklung und so weiter. Aus diesem Grunde glauben viele nicht mehr an das System mit politischen Parteien.

Ob gläubig oder nicht gläubig, das Entscheidende ist, dass die Menschen den Wunsch nach einem anderen Guatemala verspüren, das sich deutlich vom jetzigen unterscheidet. Das Ideal besteht darin, eine große soziale Bewegung zu schaffen, die bei den übernächsten Wahlen Präsenz zeigt.

Quelle: Noticias Aliadas, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz