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Panama |

Freies, vorheriges und informiertes Austricksen?

So umstritten das REDD-Programm, bei dem Wälder als simple Kohlenstoffspeicher funktionalisiert und entsprechend finanziell in Wert gesetzt werden, an sich schon ist – in Panama scheint es zudem riesige Pannen bei dem Versuch gegeben zu haben, eine Strategie für die Implementierung dieses Programms zu erarbeiten. Und zwar, wie vorgeschrieben, gemeinsam mit den am meisten davon Betroffenen: den indigenen Völkern. Denn 85 Prozent der in Frage kommenden Wälder befinden sich auf indigenen Territorien oder Gebieten - die unter Naturschutz stehenden Urwälder nicht mitgerechnet.

Die Nationale Koordinationsstelle der Indigenen Völker Panamas (COONAPIP) hat ihrem Unmut nun am vergangenen 20. Juni in einem Schreiben an die zuständige UN-Behörde UN-REDD und das panamaische Umweltministerium (ANAM) Luft gemacht.

Erste Panne schon 2009

Die Partizipation der indigenen Völker ist bei der Ausarbeitung der Strategie eigentlich vorgesehen. Die erste Panne, so die COONAPIP, gab es bereits 2009: Damals habe das Umweltministerium den für die Einführung von REDD-Mechanismen verantwortlichen Organisationen zugesichert, dass die Kaziken Gilberto Arias vom Generalkongress Guna und Betanio Chiquidama vom Kongress der Embera – Wounaan in Repräsentation der indigenen Völker Panamas bei der Erarbeitung der Strategie die indigenen Völker vertreten würden.

Das habe jedoch nicht der Wahrheit entsprochen, woraufhin die traditionellen, in der Koordinationsstelle organisierten Führer der COONAPIP im September 2009 eine indigene Arbeitsgruppe gründeten. Diese habe den bisherigen Entwurf in punkto indigene Kosmovision und Partizipation analysiert und anschließend mit UN-REDD und ANAM ein gemeinsames Positionspapier mit 19 Punkten vorbereitet, dass als Grundlagenpapier in die Entwicklung der REDD-Strategie hätte einfließen sollen. Ende September, so die COONAPIP, sei dieses Dokument gemeinsam mit den beiden anderen Akteuren UN-REDD und Umweltministerium in Washington präsentiert vollständig angenommen worden.

Partizipation und Geld versprochen

Daraufhin habe UN-REDD 5,3 Mio. US-Dollar zur Ausarbeitung der REDD-Strategie bereitgestellt, die in Koordination und direkter Zusammenarbeit mit der COONAPIP, als Repräsentantin der Indigenen, erarbeitet werden sollte. Leslie Marín, der für das REDD-Programm zuständige Funktionär des Umweltministeriums habe sogar zu diesem Zeitpunkt sogar erklärt, „zusätzlich zu einem Koordinator für die REDD-Strategie wird es auch einen indigenen Koordinator geben“.

Die in der COONAPIP zusammengeschlossenen Vertreter der indigenen Völker seien daraufhin zu dem Schluss gekommen, dass sie auch finanziell gestärkt werden müssten, um als wirklicher Kooperationspartner agieren zu können. Sie hätten daraufhin, mit Unterstützung vieler Organisationen, einen Aktionsplan (PEIP) erarbeitet und forderten bei UN-REDD und Ministerium im August 2011 zudem 1,9 Mio. US-Dollar des Kuchens für ihren Teil der Arbeit. Nach mehrmonatigem Schweigen der Behörden und einigem Hin und Her habe man sich schließlich geeinigt: Ende September 2011 wird von der Regionalreferentin des UN-Entwicklungsprogramms Vanessa Retana offiziell bekannt gegeben, dass UN-REDD 1,7 Mio. US-Dollar für die COONAPIP bereitstellen werde, damit diese ein integraler Bestandteil der REDD-Implementierung in Panama sein könne, schildert das Schreiben der COONAPIP.

Keine Partizipation auf Augenhöhe

Doch ein gewisser „Cultureclash“ scheint damit erst richtig loszugehen: Die UN-REDD habe um ein Bestätigung der formaljuristischen Registrierung der COONAPIP gebeten, um der Koordinationsstelle die Mittel überweisen zu können. Die COONAPIP ist jedoch keine Nichtregierungsorganisation, sondern ein Gremium, das nur bei Bedarf zur Klärung bestimmter Sachverhalte zusammenkommt. Die Koordinationsstelle habe Giselle Didier von der UN-REDD daraufhin vorgeschlagen, die Mittel an indigene Nichtregierungsorganisationen des Vertrauens zu überweisen. Didier habe dazu erklärt, die einzig gangbare Variante erlaube dann nur die Bereitstellung von 50.000 US-Dollar.

Im März 2012 habe die Koordinationsstelle einen Vorschlag über rund 54.000 US-Dollar präsentiert, um das für die Ausarbeitung der REDD-Strategie benötigte technische Personal unter Vertrag nehmen zu können. (Zuvor hätte die Koordinationsstelle obendrein noch ihre Räume verloren, was sie als „harten institutionellen Schlag“ bezeichnet, der auf Auseinandersetzungen von Indigenen mit der Regierung zurückgehe.) Bis zum 20. Juni 2012 habe sie keine Antwort erhalten. Der Arbeitsplan von UN-REDD und Umweltministerium sehe jedoch 200.000 US-Dollar für die Stärkung der COONAPIP vor und fast 70.000 US-Dollar seien für die Konsultation zu REDD eingestellt. „Diese Summen sind zu keiner Zeit mit der COONAPIP abgesprochen worden und selbstverständlich stehen sie in überhaupt keinem Bezug zu bereits zuvor ausgehandelten Summen“, kritisiert die Koordinationsstelle.

Mittlerweile sei auch der Gesprächsfaden abgerissen, obwohl es bei der COONAPIP mit dem Vorsitzenden der jüngst gebildeten technischen Kommission, dem Kaziken Betanio Chiquidama, einen Ansprechpartner gäbe, wie betont wird. Stattdessen hätten Funktionäre des Umweltministeriums mehrmals versucht, sich einzeln mit einigen traditionellen Führern zu treffen und die COONAPIP dabei zu umgehen, was „uns völlig unangemessen erscheint“.

Cultureclash – COONAPIP droht mit Rückzug

Nach 29 Monaten gebe es keinerlei Fortschritte, jedoch immer wieder Ungereimtheiten und es fehle der gute Wille bei der UN-REDD, vor allem aber beim Ministerium. Das Unverständnis von Ministerium und UN-REDD, weil COONAPIP zwar das autorisierte Gremium der indigenen Völker sei, jedoch nicht als rechtlich eingetragene Organisation firmiere, sei sehr bedauerlich.

„Als COONAPIP fühlen wir uns in diesem Prozess missbraucht, denn wir können nicht verstehen, dass die Vereinten Nationen als Verfechterin und Agitatorin der Deklaration zu den Rechten der Indigenen Völker (…), selbst in ihrem Agieren gegenüber den indigenen Völkern Panamas nicht konsistent ist“, heißt es in dem Papier. Die Koordinationsstelle gibt UN-REDD und Ministerium 30 Tage Zeit, um auf Forderungen einzugehen, die Gespräche wieder aufzunehmen und bereits getroffene Vereinbarungen auch rechtskräftig zu unterzeichnen. Andernfalls werde man sich offiziell und definitiv aus dem REDD-Verfahren für Panama zurückziehen.

„Für die Zukunft macht es uns große Sorgen, dass ein Prozess wie dieser, der gerade erst begonnen hatten, die selbst gestellten Normen des REDD-Mechanismus nicht einhält. Und wir sind erst in der Vorbereitungsphase. Wie wird das erst aussehen, wenn sich diese Herangehensweise in der Implementierungsphase von REDD so fortsetzt?“, heißt es am Ende des Schreibens.

Autorin: Bettina Hoyer

Foto: Hoyer

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