Erstmals Prozess gegen Militärs
Erstmals in der Geschichte des mittelamerikanischen Ex-Bürgerkriegslandes müssen sich ehemalige Militärangehörige vor einem Gericht verantworten. Nach 17 Jahren Justizverfahren gelang es den klagenden Familien und dem Nebenkläger »Vereinigung der Familien von Verhafteten und Verschwundenen Guatemalas« (Famdegua) Mitglieder einer Eliteeinheit der Streitkräfte für die Ermordung von 250 Menschen auf die Anklagebank zu bringen.
Gegenüber der spanischen Nachrichtenagentur EFE begrüßte Famdegua-Vorsitzende Aura Elena Farfán den Prozessauftakt am heutigen Montag. »Über 250 Menschen wurden von diesen Soldaten umgebracht, wovon bis heute 223 Überreste aus Massengräbern gefunden werden konnten«, so Farfán. 113 der Toten seien Minderjährige. Sie starben beim Massaker am 7. Dezember 1982 in der Ortschaft Las Dos Erres in der Gemeinde La Libertad im nördlichen Departamento Petén. Das Verfahren gegen die dafür angeklagten Ex-Militärs Oberleutnant Carlos Antonio Carías und die Ausbilder Manuel Pop, Reyes Collin und Daniel Martínez findet im Hochsicherheitsgericht der Hauptstadt Cuidad de Guatemala statt.
Guatemala arbeitet seine Vergangenheit auch außerhalb des Gerichts auf. Im Mai dieses Jahres hatte Guatemalas Präsident Álvaro Colom über 12.000 Archive der Militärs aus Bürgerkriegszeiten (1960 – 1996) der öffentlichkeit zugänglich gemacht. Interessierte können nach Antrag Einblick in 99 Prozent der Militärakten erhalten, die im Verteidigungsministerium archiviert sind. Colom hatte die öffnung der Archive als »Wendepunkt einer neuen Ära« bezeichnet, Angehörige von rund einer Viertel Million Bürgerkriegsopfer, darunter 45.000 »Verschwundene«, erhielten die Möglichkeit zu erfahren, »was mit ihren Verwandten passiert ist«. (bb)