Ende der Eiszeit
Mit einem hoch brisanten Militärschlag begann die diplomatische Eiszeit: Im Frühjahr 2008 hatte der damalige kolumbianische Staatspräsident Alvaro Uribe (2002 - 2010) den Angriff auf ein Lager der linksgerichteten Guerilla-Organisation FARC angeordnet. Die Rebellen hatten sich in einem Camp gleich hinter der ecuadorianischen Grenze eingerichtet. Ohne den Nachbarn zu informieren, setzte Bogotá seine Spezialeinheiten in Gang. Am Ende töteten die kolumbianischen Sicherheitskräfte nicht nur den ranghohen FARC-Kommandanten Raul Reyes, sondern erbeuteten auch noch wertvolle Informationen aus den sichergestellten Computern. Die später weltweit beachtete, gewaltlose Befreiung der prominentesten FARC-Geisel Ingrid Betancourt wäre wohl ohne diese Daten kaum möglich gewesen.
Aktion war völkerrechtlich umstritten
Doch die kolumbianische Regierung bezahlte einen hohen Preis für die völkerrechtlich umstrittene Aktion. Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa legte erbost die diplomatischen Beziehungen auf Eis, weil er die Souveränität seines Landes verletzt sah. Zudem ermittelte die ecuadorianische Justiz gegen den damaligen kolumbianischen Verteidigungsminister Juan Manuel Santos. Zwar konterte Bogotá, die Nachbarn hätten - entweder wissentlich oder ohne es zu ahnen - ein Lager der von der Europäischen Union und den USA als Terror-Organisation eingestuften FARC-Rebellen auf ihrem Territorium zugelassen, doch dieses Argument wollte Correa nicht zulassen. Auch Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez - obwohl gar nicht betroffen - reagierte wütend, beorderte Truppen an die kolumbianisch-venezolanische Grenze, um einen ähnlichen Angriff zu vermeiden. Für ein paar Tage blickte die Welt voller Sorgen in die Andenregion, drohte doch der Streit zu einem kriegerischen Konflikt zwischen Kolumbien, Venezuela und Ecuador zu eskalieren.
Versöhnliche Töne in Quito
Vier Jahre später schlagen Ecuador und Kolumbien wieder versöhnliche Töne an. Am 19. Dezember kam es zum ersten bilateralen Treffen zwischen den Präsidenten Correa und Santos in Quito. Mit zahlreichen Abkommen, die den Menschen in beiden Ländern zu Gute kommen sollen, wurde der Konflikt endgültig zu den Akten gelegt. Unter anderem einigten sich die Regierungen auf Maßnahmen, die die Flugkosten zwischen den beiden Nachbarländern reduziert. Künftig werden Flüge zwischen Ecuador und Kolumbien in die Kategorie "national" eingestuft, was vor allem die Steuern verringert. Die diplomatischen Beziehungen waren zwar schon seit längerer Zeit wieder hergestellt, doch ein persönliches Treffen zwischen den politischen Streithähnen des Jahres 2008 in einem solchen Rahmen hatte es noch nicht gegeben.
Künftig, so versicherte Correa, sei Santos ein gerngesehener Gast in Ecuador. Er habe ihn eingeladen, nicht nur so kurz wie diesmal im Land zu bleiben, sondern mit seiner Familie ein paar Tage in Ecuador Station zu machen und die Landschaft zu genießen. Santos hat damit bereits in der ersten Hälfte seiner Amtszeit zwei wesentliche Ziele realisiert: Die diplomatische Aussöhnung mit Venezuelas Präsident Hugo Chavez und nun den Neustart der Beziehungen mit Ecuador.
Autor: Tobias Käufer, Bogotá