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El Salvadors riskante Annäherung an China    

Ein geplantes Freihandelsabkommen mit China könnte El Salvador wirtschaftlich zugutekommen - doch es würde auch eine Reihe von Risiken mit sich bringen, glauben Experten.

Foto (Symbolbild): Flickr, CCO1.0

"Ungewissheit" ist das Wort, mit dem man die Situation, in der sich El Salvador gerade befindet, am besten beschreiben könnte. Die Insolvenz von FTX, einer der weltweit größten Kryptobörsen, hat den Kurs des Bitcoin auf ein Jahrestief gedrückt. Damit richten sich viele Augen auf das kleine mittelamerikanische Land, das die Kryptowährung Bitcoin 2021 zum offiziellen Zahlungsmittel erklärt hatte und dann mit Steuergeldern auf dem Kryptomarkt einkaufen ging.

"Wenn man bei offiziellen Stellen um Informationen darüber bittet, wie viel Geld in Bitcoin investiert wurde, erhält man leider nur die Antwort, dass diese Informationen nicht existieren oder vertraulich sind", sagt Ricardo Castaneda, Koordinator für El Salvador beim Zentralamerikanischen Institut für Steuerstudien (ICEFI).

Die Berechnung des in Bitcoin investierten Betrags erfolge ausschließlich auf der Grundlage der Tweets des Präsidenten, sagt der Wirtschaftswissenschaftler. Nach Angaben des Präsidenten könnte sich die Investition auf etwa 120 Millionen Dollar belaufen.

In diesem Fall stünde das 6,5-Millionen-Einwohner-Land vor schwierigen wirtschaftlichen Zeiten. Zum einen wegen der Abwertung der Kryptowährungen, zum anderen wegen des mangelnden Vertrauens, das das Land auf dem internationalen Finanzmarkt genießt. "Wenn die internationalen Märkte sehen, dass das Haushaltsdefizit so groß ist, dass die Ausgaben nicht getätigt werden und dass sich die Schulden anhäufen, werden sie vorsichtiger", sagt Roberto Rubio, Vertreter von Transparency International in El Salvador.

Im Januar 2023 muss das Land 667 Millionen Euro an internationalen Schulden für die Tilgung eines Eurobonds zurückzahlen. "China hat angeboten, alle unsere Schulden aufzukaufen, aber wir müssen vorsichtig sein", sagte El Salvadors Vizepräsident Félix Ulloa unlängst bei einer Veranstaltung in Madrid.

Die neue Wirtschaftspartnerschaft mit China

Diese Äußerung eines hohen Regierungsvertreters blieb nicht unbemerkt, zumal sie von chinesischer Seite bisher nicht bestätigt wurde. Drei Tage später verkündeten beide Länder jedoch die Aufnahme von Gesprächen über ein Freihandelsabkommen.

Bereits 2018 hatte El Salvador Zeichen der Annäherung an die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt gesetzt, indem es seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrach. Diesem strategischen Schritt folgten kleine Geschenke. "China hat El Salvador drei Spenden zukommen lassen, nämlich den Bau eines Vergnügungsparks, eines Stadions, das noch nicht gebaut wurde, und einer Bibliothek. Das sind Investitionen, die das Image Chinas und natürlich auch das unseres Landes verbessern", erklärt Roberto Rubio.

Désirée Reder, Forscherin am Deutschen Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) in Hamburg, betont, dass die gegenwärtigen politischen Verhältnisse in El Salvador eine Annäherung an Länder wie die USA verhinderten, die den autoritären Regierungsstil von Präsident Nayib Bukele kritisieren. "China wendet keine Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen an und könnte daher eine Lösung sein. Die große Frage ist, ob die Vorteile in dieser Verbindung die Kosten überwiegen", sagt sie.

"Nichts ist umsonst"

Obwohl ein mögliches Abkommen mit China für die salvadorianische Wirtschaft ein "Rettungsanker" sein könnte, sind sich Experten einig, dass ein solches Abkommen auch eine Reihe von Risiken mit sich brächte. "Nichts ist umsonst", betont Reder. "El Salvador könnte von einigen Infrastrukturvorteilen profitieren, aber China erwartet eine Gegenleistung. Das könnte die Ausschließlichkeit kommerzieller Vorteile sein oder die Forderung nach bestimmten Projekten in Gebieten, die möglicherweise geschützt sind oder Minderheiten betreffen."

Auch der Wirtschaftswissenschaftler Castaneda bezweifelt, dass die Idee eines Freihandelsabkommens mit China für El Salvador von Vorteil ist. Vielmehr ist er der Meinung, dass El Salvador dadurch in eine finanzielle Abhängigkeit geraten würde.

Die Annäherung hätte für den umstrittenen Präsidenten El Salvadors aber auch eine wichtige politische Komponente. "Wir dürfen nicht vergessen, dass Bukele wiedergewählt werden will, auf internationaler Ebene praktisch keine Verbündeten hat und dass die Spannungen mit den Vereinigten Staaten sehr groß sind. Bukele sucht Unterstützung für seine Entscheidungen, und China ist nicht gerade als vehementer Vertreter demokratischer Prinzipien bekannt", sagt er.

Die befragten Experten bezweifeln, dass das tatsächliche Interesse Chinas an El Salvador besonders groß ist, da das kleine Land nicht mit der strategischen Bedeutung von Panama oder Brasilien aufwarten kann. China baue schrittweise seine Beziehungen zu lateinamerikanischen Ländern auf, die jahrzehntelange von den Vereinigten Staaten abhängig waren, heißt es. "China zeigt Präsenz und betreibt Imagepflege", sagt Roberto Rubio von Transparency International.

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