Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
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Ein Bücherbus fahrt durch Nicaragua.

Vor einem Jahr übernahm der Verein „Pan y Arte e.V.“ die Verantwortung für die Deutsch-Nicaraguanische Bibliothek in Managua und den Bücherbus „Bertolt Brecht“. Diese bekannten Initiativen zur Kultur- und Leseförderung waren Mitte der 1980er Jahre aus der ökumenischen Solidaritätsarbeit für Nicaragua entstanden und wurden seit 1993 von dem in Frankfurt/Main ansässigen Verein „Ein Bücherbus in Nicaragua e.V.“ verantwortet. An dessen Spitze stand die inzwischen 87-jährige ehemalige Bibliothekarin Elisabeth Zilz, die das Projekt mit großem persönlichen Einsatz aufbaute. Sofern ihr Gesundheitszustand es zulässt, plant sie weiterhin sechs Monate pro Jahr in Nicaragua zu arbeiten.

Die Einrichtung in Managuas Stadtteil Linda Vista ist eine Präsenzbibliothek mit rund 13.000 Bänden. Im Durchschnitt nutzen täglich 200 Personen die Bibliothek. Hauptsächlich sind es Kinder und Jugendliche, die ihre Hausaufgaben erledigen bzw. nach Material für Aufsätze oder Hausarbeiten suchen. Die Nutzung der Buchbestände ist kostenlos, was in Nicaragua, wo Bücher oft als Luxusgegenstände gelten, unüblich ist.

Darüber hinaus finden in der Bibliothek kulturelle Veranstaltungen statt. 2009 wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft eine Ausstellung zum 20. Jahrestag des Mauerfalls gezeigt. Zahlreiche Besucher berichteten über ihre Begegnungen mit Ost- und Westdeutschen während der sandinistischen Revolution. Dreißig Jahre nach dem Fall der Somoza-Diktatur lud die Bibliothek im August 2009 zu einer „Kunstrevolution“ mit Literaten und bildenden Künstlern aus Nicaragua ein. Ferner wurden Konzerte sowie ein mehrtägiges Kindertheaterfestival veranstaltet.

In Ergänzung zur Arbeit der Bibliothek liefert der Bücherbus „Bertolt Brecht“ Lesestoff in entlegene Gemeinden und Gefängnisse. Im Jahr 2009 zählte die mobile Bücherei 500 Nutzer, 9.000 verliehene Medieneinheiten und eine zurückgelegte Fahrstrecke von mehr als 11.000 Kilometern.

Das vor kurzem auf Deutsch erschienene Buch „Ein Solidaritätsprojekt in Nicaragua“ (eine spanischsprachige Version liegt bereits etwas länger vor) bietet zwei unterschiedliche, sich ergänzende Darstellungen des Gesamtprojekts. Zunächst berichtet Reybil Cuaresma Bustos, der erste nicaraguanische Mitarbeiter und Fahrer des Bücherbusses, von den Anfängen der Arbeit, der Überführung des ersten Fahrzeugs aus DDR-Produktion sowie dem Aufbau der Kontakte zu Gefängnisverwaltungen und Kommunen. Er weiß von mehrfach wechselnden staatlichen Zuständigkeiten, wodurch die Mitarbeiter/innen sich häufig neu orientieren mussten. Zahlreiche zeitgenössische Fotos ergänzen Cuaresmas Text, ebenso wie den folgenden des Bibliothekars Mario Arce Solórzano, der sich mit dem Zeitraum ab 1993 beschäftigt. Nach dem Ende der ersten sandinistischen Periode und der Übernahme der Macht durch bürgerliche Regierungen erschien der Fortbestand von Bibliothek, Bücherbus und der zeitweilig angeschlossenen Buchbindewerksattt „Sophie Scholl“ ungewiss. Hilfe erfuhren der Frankfurter Verein und sein Pendant in Managua von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Deutschen Botschaft. Erst gegen Ende der 90er Jahre entstand mit der Schenkung eines Grundstücks durch die Regierung Nicaraguas wieder eine langfristige Perspektive. Arces Ausführungen enthalten eine Vielzahl an Daten und Fakten, gleichzeitig aber auch poetische Elemente wie ein Gedicht auf die langjährige Leiterin Elisabeth Zilz.

Deren Aufgaben werden mittlerweile von der „Pan y Arte“-Mitarbeiterin Tina Reiter wahrgenommen. Die Bibliothek und der Bücherbus fügen sich gut in die Arbeitsfelder des neuen Trägervereins ein, der unter anderem ein Kulturzentrum in Granada und eine Musikschule in Managua unterhält. Darüber hinaus entsteht seit 1998, als der Hurrikan Mitch weite Gebiete Mittelamerikas zerstörte, ein Dorf mit Gebäuden in lokaler Bautradition, bei denen besonderer Wert auf den Hochwasserschutz gelegt wird. Initiiert wurde die Arbeit von „Pan y Arte“ von dem Schauspieler Dietmar Schönherr; heutiger Vereinsvorsitzender ist Henning Scherf, der frühere Bürgermeister von Bremen.

Autor: Thomas Völkner

Bibliographische Angaben: Reybil Cuaresma Bustos/Mario Arce Solórzano: Ein Solidaritätsprojekt in Nicaragua, Berlin: Archiv der Jugendkulturen Verlag 2010, 133 Seiten, zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-940213-51-8, 12,00 Euro.

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