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Ecuador |

Ehrgeiziges Mediengesetz kontrovers diskutiert

In Ecuador arbeitet die Regierung an einem neuen Medienrecht, das eine Demokratisierung der Kommunikation garantieren soll. Unter anderem sollen Bürger besser vor Diffamierung geschützt und Sendeplätze gerechter vergeben werden. Kritiker sehen aber auch Gefahren für den investigativen Journalismus.

Der im Aufbau befindliche Rat zur Regulierung und Entwicklung von Information und Kommunikation hat die Aufgabe, bis Ende August Richtlinien zur Umsetzung des Gesetzes zu entwerfen. Das am 14. Juni verabschiedete und elf Tage später in Kraft getretene neue Mediengesetz sieht außerdem die Einrichtung einer Oberaufsichtsbehörde für den Informationssektor vor, die Verstöße ahnden soll.

Der erste Entwurf, der 2009 vorgestellt wurde, ist seitdem um etliche Punkte erweitert worden. So müssen beispielsweise die Radiofrequenzen in dem südamerikanischen Land nach und nach neu vergeben werden: zu jeweils 33 Prozent an private und staatliche sowie zu 34 Prozent an Bürgermedien. Vorgeschrieben ist außerdem, dass das tägliche Fernsehprogramm zu 60 Prozent aus in Ecuador hergestellten Formaten bestehen muss. Zehn Prozent davon sind unabhängigen Produzenten vorbehalten. Zudem muss die Hälfte der im Radio ausgestrahlten Musik im Land selbst komponiert und produziert worden sein. Alle Sender sind ferner dazu verpflichtet, an die Urheber Tantiemen zu zahlen.

Als Maßnahme gegen die Medienkonzentration sollen Rundfunk-Lizenzinhaber künftig nur noch jeweils einen Fernsehsender sowie je eine Mittelwelle- und eine UKW-Station besitzen dürfen. Und Privatwerbende müssen zudem mindestens zehn Prozent ihres Etats für Spots in lokalen oder regionalen Sendern verwenden. Auf diese Weise soll kleineren und in ländlichen Regionen angesiedelten Medien ein gewisses Einkommen gesichert werden. Das neue Gesetz verbietet zudem Zensurmaßnahmen.

Kritik an Oberaufsichtsbehörde

Doch als problematisch gelten zwei strittige Punkte, die in letzter Minute in den kurz darauf vom Parlament abgesegneten Entwurf aufgenommen worden sind, ohne dass sie zuvor beraten worden wären: das Verbot der Medienhetze gegen Personen und die Einrichtung einer mit weit reichenden Befugnissen ausgestatteten Oberaufsichtsbehörde. Sie kann öffentliche Gegendarstellungen durchsetzen und ´ehrverletzende´ Äußerungen mit bis zu drei Jahren Haft ahnden.

Der Leiter der Medienschutzgruppe ´Fundamedios´, César Ricaurte, gibt zu bedenken, dass der Begriff der ´Medienhetze´ an sich schon "mehrdeutig" ist und "der Zensur Vorschub leisten kann". "Presseberichte, in denen wiederholt ein in einen Korruptionsfall verwickelter Beamter erwähnt wird, könnten schon als ´Medienhetze´ umgedeutet und zur Anzeige gebracht werden. Es besteht somit die Gefahr, dass sich Journalisten am Ende selbst zensieren und nicht mehr investigativ recherchieren werden."

Dem Gesetz zufolge kann jeder Bürger mutmaßliche Fälle von Medienhetze an die Aufsichtsbehörde melden. Die betreffenden Medien werden schriftlich verwart, sollte die Behörde die Vorwürfe für stichhaltig befinden.

Maria Augusta Calle, eine Abgeordnete des Regierungsbündnisses PAIS, hält die Befürchtungen für unbegründet. "Investigativen Journalisten geht es zu 99 Prozent darum, die öffentlichkeit zu informieren. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen der Nachrichtenberichterstattung und der Berichterstattung über das Privatleben von Personen."

Regionale Menschenrechtskommission äußert Bedenken

In einem Schreiben an den ecuadorianischen Außenminister Ricardo Patiño kritisierte die Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IACHR), Catalina Botero, dass "jede substanzielle Korruptionsanzeige, die die Glaubwürdigkeit bestimmter Beamten beeinträchtigen kann, von der Oberaufsichtsbehörde als ´Medienhetze´ eingestuft und sanktioniert werden kann."

Hinzu kommt, dass der Leiter der Oberaufsichtsbehörde vom so genannten Rat für Bürgerbeteiligung und soziale Kontrolle gewählt wird. Der linksgerichtete Staatspräsident Rafael Correa wird drei Kandidaten für dieses Amt nominieren.

Die von der Behörde verkündeten Strafen sollen rechtsverbindlich sein. Bürger, Journalisten und Medien erhalten zwar ein Mitspracherecht, dürfen aber nicht mit abstimmen.

Dem ebenfalls per Gesetz gegründeten Rat zur Regulierung und Entwicklung von Information und Kommunikation gehören dagegen nur Vertreter des Staates an. Dem Rat obliegt es, Inhalte zu klassifizieren und Sendeplätze festzulegen. Die Mitglieder des Gremiums waren bereits unmittelbar nach der Verabschiedung des Gesetzes gewählt worden. Nach Ansicht von Ricaurte besteht das Hauptproblem darin, dass die Regulierung der Regierung obliegt.

Deutsche Bearbeitung: Corina Kolbe Copyright © IPS Deutschland GmbH

Staatspräsident Rafael Correa, der bereits mehrfach mit den Medien aneinandergeraten ist,
bei einem Besuch in Otavalo 2011 – Bild: Miguel Romero/Präsidialamt von Ecuador

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