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Drogenboss als Parlamentschef - na und?

Für Venezuela dürften die Vorwürfe gegen Cabello folgenlos bleiben. Foto: picture alliance/AP Photo/Cubillos
Für Venezuela dürften die Vorwürfe gegen Cabello folgenlos bleiben. Foto: picture alliance/AP Photo/Cubillos

Diosdado Cabello will schon im Juni 2014 bemerkt haben, dass mit Leamsy Salazar etwas nicht stimmte. Das zumindest sagte Venezuelas Parlamentspräsident im Januar dem kolumbianischen Radiosender "BLU Radio".

Die spanische Tagesezeitung "ABC" hatte damals bereits gemeldet, Cabellos Sicherheitschef Salazar habe ihn bei US-Behörden als leitende Figur des venezolanischen Drogenhandels angeschwärzt. Natürlich seien die Vorwürfe falsch und der desertierte Luftwaffen-Hauptmann sei auch nicht sein Bodyguard gewesen, konterte Cabello postwendend und kündigte juristische Schritte gegen die Presse an, die das verbreitet hatte.

"Konzertierte Kampagne"

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro sprang seinem Partei-Vize zur Seite und ordnete den Bericht in die "konzertierte Kampagne" der von den USA unterstützten Opposition gegen die "Bolivarische Revolution" ein, wie die Regierungspartei ihre Herrschaft nennt.

Die Beziehungen zwischen den USA und Venezuela sind seit Jahren angespannt, auch, weil Exilvenezolaner in Florida die Opposition im Land finanziell unterstützen sollen. Unter dem Vorwurf von Menschenrechtsverletzungen hat die US-Regierung in den letzten Monaten Sanktionen über mehrere Mitglieder der venezolanische Regierung verhängt. Dass US-Behörden gegen den venezolanischen Parlamentspräsidenten ermittelten, wie die Zeitung "The Wall Street Journal" nun berichtete, passt nach der Rhetorik aus Caracas genau ins Bild.

Der beschuldigte Cabello verklagte indes drei venezolanische Medien, die die ABC-Meldung aufgegriffen hatten, wegen übler Nachrede. Am vergangenen Wochenende erteilte eine Richterin 22 leitenden Journalisten der Zeitungen "El Nacional", "Tal cual" und "La Patilla" ein Ausreiseverbot wegen "fortgesetzter, schwerer Diffamierung". Zudem müssen die Angeklagten sich nun einmal pro Woche vor Gericht melden, schreibt "El Nacional" - wie Cabello gefordert habe.

Doch so einfach lässt sich der Vorwurf nicht aus der Welt schaffen. Auch nicht aus der venezolanischen. Denn der Verdacht, Cabello mische im Drogenhandel mit, kommt nicht aus heiterem Himmel.

Drehkreuz Venezuela

"Venezuela hat sich in den letzten Jahren zu einem zentralen Umschlagplatz für den internationalen Drogenhandel entwickelt", sagt der US-amerikanische Politikberater Douglas Farah im Gespräch mit der Deutschen Welle. Das lasse allein schon der massiv gestiegene Drogenkonsum im Land vermuten: "Die Kartelle bezahlen Zwischenhändler und Handlanger mit Drogen. Die verkaufen sie dann vor Ort, um Geld daraus zu machen", erklärt Farah, der in den 90er Jahren als Journalist für die Zeitung "The Washington Post" aus der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá berichtet hat.

Spätestens seit 2008 gebe es zudem zahlreiche Hinweise darauf, dass hohe Regierungskreise die illegalen Geschäfte zugelassen und von ihnen profitiert hätten, sagt Farah: "Zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen, die Ergebnisse der US-Drogenbehörde DEA und massenhafte Kokaintransporte von offiziellen venezolanischen Flughäfen nach Mittelamerika machen die Vorwürfe durchaus glaubwürdig."

Die Anschuldigung von Leamsy Salazar reihen sich in diese Indizien ein. Dass persönliche Interessen hinter seiner Aussage stehen, liegt zwar nahe, aber auch, dass Salazar sehr viel über die Finanzierung der Sozialistischen Einheitpartei, PSUV, weiß. Denn auch wenn er nicht Cabellos Leibwächter war, war er doch ein langjähriger Vertrauter der Parteispitze. Das sagt selbst Cabello. Und der muss es wissen.

Venezuelas Nummer 1,5

Diosdado Cabello war nämlich einer der ältesten Vertrauten des verstorbenen Parteigründers Hugo Chávez. 1992 scheiterten sie gemeinsam mit einem Putschversuch. Lange Zeit spielte Cabello in der Regierungspartei eine weitaus größere Rolle als der heutige Präsident Maduro. Der ehemalige Leutnant besetzte zahlreiche Ministerposten und wurde zunächst als Chávez' Nachfolger gehandelt, als sich abzeichnete, dass der seinem Krebsleiden erliegen könnte.

Auf Chávez' Geheiß wurde dann aber Maduro PSUV-Vorsitzender und schließlich Präsident. Spätestens seitdem gilt die PSUV als gespalten - in militärnahe Nationalisten um Cabello und orthodoxe Chavisten um Maduro.

Regelmäßig machen Gerüchte die Runde, die Militärs könnten Maduro sogar absetzen. Meist stammen sie aus der Opposition. Doch sie klingen plausibel, weil die Macht der Regierung bei weitem nicht so starkt von Maduros Person abhängt wie einst von Chávez.

Parteiintern ist Cabello daher Maduro vielleicht sogar überlegen, zumal er als wesentlich schlauer gilt. Doch er braucht Maduro, weil der als Chávez' Wunschnachfolger den nahezu bedingungslosen Rückhalt der immer noch zahlreichen Chavisten - auch außerhalb der Partei - genießt.

Sollten die US-Behörden Cabello nun tatsächlich nachweisen, dass er maßgeblich in den internationalen Drogenhandel verwickelt ist, könnte das seine Handlungsfähigkeit in vielerlei Hinsicht schwächen: "International könnte er gar nichts mehr bewirken, in Lateinamerika wäre sein Ansehen erschüttert, und die venezolanische Opposition hätte noch mehr in der Hand gegen ihn", sagt Douglas Farah.

Nur innerhalb der Partei, glaubt Farah, werde das kaum einen Einfluss haben: "Cabello und Maduro brauchen sich, um an der Macht zu bleiben", so Farah. Deshalb werde auch dieses Kapitel wohl nicht zum Bruch führen.

Autor: Jan D. Walter
Quelle: Deutsche Welle

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