Dorfbewohner flüchten vor Gewalt in Kirche
Vergangene Woche flüchteten sich mehrere hundert Dorfbewohner vor Schießereien und Morddrohungen in die Kirche des Gemeindebezirks San Miguel Totolapan. Die Mehrzahl von ihnen ist unter dem Schutz der Armee zurückgekehrt. In der Region toben zwischen Drogenkartellen Kämpfe um Territorien, Routen und Ressourcen.
„Die Gemeindepolizei kann in diese Konfliktgebiete nicht hinein, nicht einmal zusammen mit der Polizei des Bundesstaates“, erklärt Saúl Beltrán Orozco, Bürgermeister des Gemeindebezirks San Miguel Totolapan, im Interview mit der mexikanischen Tageszeitung „La Jornada“.
Mehrere hundert Einwohner der Dörfer Villa Hidalgo (El Cubo), Terrero, Santo Tomás und Valle Luz (Gemeindebezirk San Miguel Totolapan) sowie Bewohner der Siedlungen Valle Galeana, und El Guayabo (Gemeindebezirk Arcelia) im mexikanischen Bundesstaat Guerrero waren vergangene Woche nach Todesdrohungen durch vermeintliche Mitglieder von Kartellen aus ihren Dörfern geflohen.
Flüchtlinge berichten von angezündeten Häusern
Mehrere Tage lang habe es zuvor Schießereien gegeben, die auch im Sitz der Gemeindeverwaltung zu hören gewesen seien, erklärte der Generalsekretär von San Miguel Totolapan, Bolívar Ochoa. Die Geflohenen hätten berichtet, „eine Gruppe Bewaffneter habe die Bewohner angegriffen und Häuser angezündet“, zitiert TeleSur den Gemeindevertreter. Eine geflüchtete Frau erklärte gegenüber Pressevertretern, es habe geheißen: “Entweder wir gehen oder sie werden uns in unseren Häusern verbrennen lassen”. Man habe die 631 verstörten Flüchtlinge, die in der Hauptkirche von San Miguel Totolapan untergebracht worden seien, mit Essen und Decken versorgt, so Ochoa.
Die Regierung des Bundesstaates Guerrero wie auch der Bürgermeister des Gemeindebezirks San Miguel Totolapan zogen die Berichte der vertriebenen Bewohner jedoch in ersten Stellungnahmen in Zweifel. Wie „El Proceso“ berichtet, habe die Regierung von Guerrero in einer Stellungnahme erklärt, es gebe „keine Beweise dafür, dass Gewaltakte in den Gemeinden stattgefunden haben“. Es habe Drohungen gegeben, wodurch Panik unter der Bevölkerung ausgebrochen sei.
Auch Bürgermeister Saúl Beltrán Orozco gab ähnliche Erklärungen ab. Gegenüber „La Jornada“ sagte er, im Dorf El Cubo seien zwei Tage lang Bewaffnete gewesen, was die Bewohner zur Flucht bewogen haben. „Tote gab es nicht“, doch drei Personen würden vermisst, so Beltrán.
Rückkehr unter Armeeschutz
Mittlerweile haben fast alle Vertriebenen die Kirche wieder verlassen. Sie seien bei Verwandten untergekommen oder unter dem Schutz der Armee in ihrer Dörfer zurückgekehrt, Das Militär hat in El Cubo eine Militärbasis errichtet hat. Vor allem die Bewohner dieses Dorfes hatten sich laut Berichten von „El Proceso“ geweigert, wieder zurückzukehren.
Nur die Armee, dass steht für Beltrán fest, könne Abhilfe und eine Beruhigung der Situation erreichen, wenn sie lange präsent bleibe, obwohl das Problem dadurch nicht gelöst werde. Die staatliche Polizei sei nicht entsprechend ausgestattet und oft schon auf bestimmte strategische Punkte festgelegt, so Beltrán. Er erklärte zudem, mit der Festnahme des Zeta-Anführers, Miguel Angel Treviño, alias „Z40“, habe die Vertreibung nichts zu tun.
Umkämpfte Region der Kartelle
Doch die Region ist ein wichtiger und derzeit offensichtlich wieder besonders umkämpfter Korridor für Kartelle des organisierten Verbrechens. Erst vorgestern wurden bei einem Angriff auf die Polizei im Nachbarstaat Michoacán 22 Personen erschossen, darunter zwei Polizisten. Vielleicht, so äußert sich Bürgermeister Beltrán ganz vorsichtig in „La Jornada“, vielleicht habe „eine Gruppe“ vom Nachbarort Arcelia aus versucht, weiter in seinen Gemeindebezirk vorzudringen.
Bereits am vergangenen 14. Mai waren San Miguel Totolapan drei Personen in bei einer Schießerei nach der Entführung von zwei Frauen getötet worden. Die beiden Frauen werden immer noch vermisst. Am 13. Mai war der stellvertretende lokale Leiter für öffentliche Sicherheit, Raúl Valladares durch mehrere Schüsse getötet worden.
Autorin: Bettina Hoyer