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Paraguay |

Die Rückkehr der alten Eliten

Vor etwas weniger als zehn Monaten wurde der paraguayische Präsident Fernando Lugo durch ein parlamentarisches Eilverfahren abgesetzt. Die Opposition leitet die Abstimmung im Parlament mit der Begründung schlechter Amtsführung ein. Konkreter Auslöser war die Räumung eines Camps von Landlosen, die Fernando Lugo veranlasst hatte. Bei der Räumung kamen mehrere Polizisten und Bauern ums Leben. Mehr als 8o Menschen wurden verletzt.

Das Amtsenthebungsverfahren wurde anschließend sehr gegensätzlich bewertet. Einige Forscher sehen in der Absetzung Lugos das lange vorhersehbare Ende eines ohnehin wackeligen Präsidenten, der einem äußerst brüchigen Bündnis vorstand und keine Mehrheit im Kongress hatte. Zwar sei das Eilverfahren, in dem die Absetzung durchgeführt wurde, kritikwürdig, aber der Vorgang an sich verfassungskonform. Der ehemalige Bischof Fernando Lugo wurde von nahezu allen Parlamentariern abgewählt. Auch die Vereinigung Amerikanischer Staaten (OAS) kam nach einer Untersuchung der politischen Lage in dem südamerikanischen Binnenland zu diesem Schluss und sah von einer Suspendierung ab.

Unterschiedliche Interpretationen der Ereignisse

Auf der anderen Seite standen vor allem die Reaktionen vieler lateinamerikanischer Regierungschefs. Die argentinische Präsidentin Christina Kirchner war die erste, die das Wort Staatsreich benutzte und auch Dilma Rousseff sah die die demokratischen Strukturen in Paraguay stark beschädigt. In den internationalen Medien etablierte sich der Begriff des parlamentarischen Staatstreichs. Sowohl der MERCOSUR als auch UNASUR schlossen Paraguay bis auf weiteres aus ihren Bündnissen aus.

Unabhängig davon wie man die Ereignisse um die Amtsenthebung Fernando Lugos bewerten möchte, einig sind sich nahezu alle Forschungsinstitutionen darüber, dass die politische Krise mit den Wahlen am kommenden Sonntag, 21. April, ein Ende haben wird. Kaum jemand sieht die demokratischen Strukturen in Paraguay soweit gefährdet, dass es mit dem offiziellen Wahlergebnis nicht zu einem Wechsel des Präsidenten kommen wird. Die Gefahr wird auch deswegen als niedrig eingeschätzt, da die Wahlen von zahlreichen Wahlbeobachtern der OAS und der Europäischen Union begleitet wird und Paraguays Interesse an einer Normalisierung der Beziehungen mit den Nachbarstaaten extrem groß ist. Der Interimspräsident Federico Franco hat angekündigt, dass es saubere Wahlen geben wird und er im August dieses Jahr sein Amt an seinen legitimen Nachfolger übergeben wird.

Colorados in den Umfragen vorn

Und noch etwas scheint festzustehen: Profitieren werden von den Geschehnissen im vergangenen Sommer die alten Eliten. Die konservativen Kräfte Paraguays scheinen den Machtkampf für sich entschieden zu haben. Der Kandidat der konservativen Colorado Partei, Horacio Cartes, liegt mit knapp 38 Prozent der Stimmen in den Umfragen vorne. Viele Experten gehen fest davon aus, dass ein Sieg der ehemaligen Regierungspartei, die vor der Wahl 2008 61 Jahre lang das Land regierte, so gut wie sicher ist. Der größte Konkurrent von Cartes ist der Kandidat der Authentischen Liberalen Partei (PLRA), Efraín Algre, der in den letzten zwei Wochen in den Umfragen mehr und mehr zulegte und inzwischen bei knapp 32 Prozent liegt. Die Liberalen haben seit ihrem Bruch mit Lugo letzten Sommer eine deutliche öffnung nach rechts vollzogen und sind eine Allianz mit der ultrakonservativen Union der Ethnischen Bürger (UNACE) eingegangen.

Somit wird sich voraussichtlich, unabhängig davon, ob die Colorados oder die Liberalen die Wahlen am Ende für sich entscheiden, auch die alte Politik wieder im paraguayischen Parlament manifestieren - eine Politik, von der vor allem große Agrounternehmen durch niedrige Steuersätze profitieren und wenig Investitionen in ein soziales Sicherungssystem vorgesehen sind. Eine Politik, die dazu führt, dass Paraguay eines der ärmsten und korruptesten Länder Lateinamerikas ist und voraussichtlich bleibt. Eine Politik, die bisher nichts gegen höchste Landkonzentration weltweit getan hat: Bis heute besitzen zwei Prozent der Bevölkerung 80 Prozent des Grund und Bodens.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Themen, die durch die Präsidentschaft Fernando Lugos auf die politische Agenda und in die breite öffentlichkeit gerückt sind, wieder komplett von der Bildfläche verschwinden werden.

Autorin: Anna-Maria Jeske

Am 21. April wird in Paraguay gewählt. Dann entscheidet sich, wer als neuer Präsident in den Regierungspalast einzieht. Foto: Adveniat/Escher.

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