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Argentinien |

Die Inflation beunruhigt die Menschen

„Ich erhalte meinen Lohn und gebe ihn noch am selben Tag fast komplett aus, für Schulden, Miete, Rechnungen und erste Lebensmitteleinkäufe“, berichtet Kellner Glodier Biedma. Dann entschuldigt er sich, weil er einen Gast zu bedienen hat. Der 39-jährige Argentinier arbeitet im „Britanico“, einem alten Cafe in Buenos Aires, im Boheme-Viertel San Telmo. „Das Geld reicht einfach nicht mehr aus“, sagt er noch.

Die Inflation machte den Menschen in Argentinien bereits im vergangenen Jahr zu schaffen, beunruhigte sie zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht sonderlich. Die Argentinier sind spätestens seit den 1980er Jahren geübt in einem Leben mit Inflation. Seit einigen Monaten jedoch sind sie ernsthaft besorgt. Fast wöchentlich steigen die Preise, im Supermarkt, beim Metzger, im Fitnessstudio, in den Restaurants oder Cafes. Außerdem wurden in vielen Vierteln von Buenos Aires Subventionen für Strom und Gas gestrichen und die Ticketpreise für Bus und U-Bahn angehoben.

Die Inflation beträgt Schätzungen zufolge rund 25 Prozent. „Eine Ziffer, die die Regierung hartnäckig verneint“, sagt der argentinische Politik-Analytiker Jeronimo Biderman Nunez. Die Regierung von Cristina Kirchner nennt eine Inflationsrate von 8,5 bis 9 Prozent. Aus diesem Grund drohte im September der Internationale Währungsfonds (IWF) mit der roten Karte: Argentinien habe drei Monate Zeit, so die IWF-Chefin Christine Lagarde, um die wenig verlässlichen Daten zu Inflation und Wirtschaft anzupassen. Ansonsten droht der Ausschluss des südamerikanischen Landes aus dem Fonds.

Gehälter reichen nicht mehr aus

„Bislang konnten die Gehälter den steigenden Preisen angeglichen werden, da die Wirtschaft stetig zunahm“, sagt Biderman Nunez. Argentinien habe 2011 noch ein Wirtschaftswachstum von neun Prozent verbucht. Aber in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahrs seien es lediglich zwei Prozent gewesen.

Im Cafe Britanico bezahlt ein Gast und geht. Kellner Biedma hält mit seufzendem Blick ein paar Münzen hoch. Einen Teil der Lebenskosten versucht er mit Trinkgeld abzudecken - wenn er denn welches bekommt. Denn auch das werde immer spärlicher, sagt er, genau wie die Gäste selbst. Und die, die kämen, seien häufig verängstigt. Viele berichteten von Kündigungen oder Ladenschließungen. Auch das „Britanico“ habe die Preise anheben müssen. „Innerhalb eines Jahres ist der Kaffee fünfmal teurer geworden“, sagt Biedma.

Auch in Argentinien mache sich die globale Finanzkrise bemerkbar, sagt Bidermann Nunez. So sei etwa der Export von industriellen Produkten wie Autos zurückgegangen. Brasilien, der wichtigste Handelspartner, befinde sich in einer Rezession. Und die USA, Europa und China müssten sich auch erst wieder erholen. Die schlechte Wirtschaftspolitik der argentinischen Regierung gebe der Situation den Rest.

Verarmung in den Großstädten

Besonders die Großstädte spüren die wachsenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme. Vermehrt sind Menschen zu sehen, die auf der Straße leben und ihr Lager auf einem Gehsteig oder unter einer Brücke errichtet haben. Seit Mitte des Jahres protestieren auch in den besseren Vierteln von Buenos Aires Stadtbewohner gegen die Politik von Cristina Kirchner und machen ihrem Unmut Luft, indem sie auf Kochtöpfe trommeln. Die katholische Kirche äußerte bereits mehrfach ihre Sorge über die momentane Lage.

Nach Einschätzung von Biderman Nunez befindet sich Argentinien derzeit in einer Phase großer Ungewissheit. Man wisse nicht genau, was in den kommenden Monaten passieren werde, so der Analytiker. Es sei möglich, dass Argentinien in der internationalen Krise einfach nur ausharren müsse und es dann wieder aufwärtsgehe. „Aber wahrscheinlich schlittern wir in eine Rezession.“

Text: Camilla Landbö (KNA)

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