Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Honduras |

"Den 30. Jahrestag begehen wir erhobenen Hauptes"

Ende November feierte das Komitee der Angehörigen von Verhaftet-Verschwundenen COFADEH sein 30-jähriges Bestehen. Es sind 30 Jahre unermüdliche Arbeit für die Menschenrechte, den Kampf gegen Straflosigkeit und für Wahrheit und Gerechtigkeit gewesen. Ein Gespräch mit der Vorsitzenden der Organisation, Bertha Oliva.

Wie fühlt es sich an, das 30-jährige Bestehen von COFADEH?

COFADEH ist entstanden, ohne dass es eine konkrete Absicht gab. Wir kamen in die Welt, lernten laufen, wuchsen und sind zähe Kämpfer. Wir blicken auf eine Bilanz aus Siegen und Niederlagen zurück. Wir kamen von der Straße, mit unseren Rufen die keiner kontrollieren konnte und in denen wir Aufklärung forderten, über den Verbleib unserer Angehörigen.

Das honduranische Volk ermächtigte sich mit unserem Slogan „Lebend habt ihr sie geholt, lebend wollen wir sie zurück!“, und wir waren so nahe dran, dass wir mit einer Kraftanstrengung der Region erreichten, dass Honduras der erste Staat war, der wegen des gewaltsamen Verschwindenlassens vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (1988-1989) verurteilt wurde.

Während der 1990er Jahre gelang es uns, gemeinsam mit der Nationalen Menschenrechtskommission, dass gewaltsames Verschwindenlassen als Praxis auf nationaler Ebene ein offizieller Straftatbestand wird. Wir hatten viele Informationen über Geheimgefängnisse und heimliche Friedhöfe. Wir bereiteten uns psychologische und emotional, aber auch als Aktivisten, auf die Exhumierung unserer Angehörigen vor.

Das war gleichzeitig eine befreiende und schmerzhafte Erfahrung, denn das Leben der Angehörigen der Opfer veränderte sich: Sie hatten nun einen Ort für ihre Tränen.

Aber die Suche und die Forderungen an die Justiz gingen weiter…

Unser Ziel war ein „Nie wieder!“, und wir wussten, dass wir das nur durch eine Stärkung des Rechtsstaates erreichen konnten. Während der 1980er Jahre verwehrte man uns das Einleiten rechtlicher Schritte. Jetzt ist das anders: Wir haben unsere Verschwundenen identifiziert und gehen vor Gericht.

Wir fordern die Verurteilung der Schuldigen und haben Haftbefehle erwirkt, aber wir haben auch spüren müssen, wie schwer die Einrichtung eines funktionierenden Rechtssystems durchzusetzen ist. Wir haben schließlich erreicht, dass 300 Verschwundene nicht dem Vergessen anheim fallen.

Wie entwickelte sich die Arbeit von COFADEH nach der Jahrtausendwende?

Wir begannen, die Erinnerung in die Bildungsarbeit einzuflechten, mit Zeitzeugen und eigenen Erfahrungen, um die Erinnerung an die Verschwundenen und ihre Werte wach zu halten. Wenn wir die Opfer von heute betreuen, denken wir immer an die Opfer von gestern.

Wir mussten sehr schwierige und gefährliche Situationen durchleben, aber wir haben unseren Weg gefunden. Den 30. Jahrestag unserer Gründung begehen wir erhobenen Hauptes. Wir haben unseren Weg gegen die Unterdrücker ohne Angst beschritten und Siege errungen.

… und dann kam der Putsch von 2009.

Die Situation hat große Ähnlichkeit mit der Vergangenheit und sie zeigt erneut, dass der Kampf für die Menschenrechte auch ein Klassenkampf ist. Wir müssen nicht nur die Dimension des Schmerzes verstehen, sondern auch die historische und politische Dimension.

Das gewaltsame Verschwindenlassen ist eine Praktik, deren Auswirkungen sehr schwer nachzuvollziehen sind für jene, die sich nicht erleiden mussten...

Nicht einmal die betroffenen Familien selbst können die Auswirkungen beschreiben. Wir leiden noch immer – und nicht nur am Verschwinden unserer Angehörigen, sondern auch der Versuch, dem Volk das Vergessen aufzuzwingen, schmerzt uns. Wir sollen vergessen, damit sie die Vergangenheit wiederholen können. Doch es gibt ein Recht auf Erinnerung und das Gedenken der Opfer ist eine ethische Pflicht.

Autor: Giorgio Trucchi (Rel-UITA) in Adital; Deutsche Bearbeitung: Bettina Hoyer

COFADEH, Gedenken an gewaltsam Verschwundene 2009 / Sandra Cuffe, Flickr

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