Das Schweigen des Daniel Ortega
"Wir glauben, dass er dabei ist, über das Gespräch nachzudenken. Hoffentlich ist es so", zeigt sich Bischof Juan Abelardo Mata Guevara auch knapp drei Wochen nach dem Treffen mit dem Nicaraguas Präsident Daniel Ortega zuversichtlich.
Denn bislang hat die Bischofskonferenz nach dem mit Spannung erwarteten ersten Gespräch mit dem sandinistischen Staatsoberhaupt nichts mehr von dem linksgerichteten Regierungschef gehört. Es herrscht wieder Sendepause zwischen beiden Seiten, die ohnehin Jahre brauchten, um überhaupt zueinander zu finden.
Gefälschtes Protokoll im Internet
Unterdessen stellt der Oberhirte von Esteli noch einmal die beiden wichtigsten Kernforderungen der Ortskirche heraus: "Die Aufforderung zu einem nationalen Dialog und die Garantie von transparenten Wahlen." Das Interesse in dem mittelamerikanischen Land an dem Fortgang des Dialogs ist groß und treibt mitunter seltsame Blüten. So tauchte nach einem Bericht der Tageszeitung "La Prensa" (Sonntag, 8. Juni 2014) ein Protokoll im Internet auf, das die Bischöfe zu dem Gespräch verfasst haben sollen. Die zeigten sich überrascht: "Wir haben das im Netz gelesen, aber das war eine Fälschung", so Mata. In dem Dokument, so heißt es, hätte Ortega in der Diskussion um transparente Wahlen sarkastisch gefragt: "Und an wen wende ich mich, an das himmlische Tribunal?"
So recht scheinen die Nicaraguaner noch nicht zu wissen, was sie von alledem halten sollen. Offenbar ging es zunächst vor allem darum, Spannungen abzubauen, um wieder auf Augenhöhe miteinander reden zu können. Ortega hatte unmittelbar vor der Runde noch einmal einen treuen Weggefährten demonstrativ eingeladen. Kardinal Miguel Obando Bravo, emeritierter Erzbischof des Hauptstadtbistums Managua, hatte sich in den vergangenen Jahren in den Wahlkämpfen für die Regierung von Ortega eingesetzt und war von den Sandinisten unter anderem mit dem nationalen Verdienstorden geehrt worden.
Während Ortega die Bischofskonferenz seit deren Kritik an Wahlfälschungen bei der Kommunalwahl 2008 konsequent ignorierte, zelebrierte er in der Öffentlichkeit geradezu die guten Beziehungen zu Obando Bravo. Neben dem Kardinal brachte Ortega auch seine einflussreiche Ehefrau und Regierungssprecherin Rosario Murillo zu dem Treffen mit den Bischöfen in die Nuntiatur in Managua mit, wo Papstbotschafter Fortunatus Nwachukwu als Gastgeber fungierte.
Bislang keine Stellungnahme von Ortega
Die ersten Reaktion nach der vierstündigen Unterredung klangen verhalten optimistisch. "Das war ein erster Schritt, damit sich viele Dinge im Land verbessern", sagte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Rene Socrates Sandigo Jiron, in einer kurzen Stellungnahme vor den wartenden Journalisten. Das Gespräch habe in herzlicher Atmosphäre stattgefunden. Unmittelbar vor dem Treffen hatte bereits Nuntius Nwachukwu erklärt, der Dialog öffne beiden Seiten Türen zu einem besseren Verständnis.
Ortega dagegen verließ die Nuntiatur am Steuer seines Wagens winkend, aber ohne eine Erklärung. Und bis heute schweigt der Präsident weiter. Die Bischöfe ermunterten in der Zwischenzeit auch andere soziale Gruppen, offensiv das Gespräch mit Ortega zu suchen und einzufordern. Manche von ihnen mögen hoffen, dass die jahrelange Eiszeit zwischen Regierung und Kirche in Nicaragua zu Ende geht. So hatte Ortega dem Nachfolger Obando Bravos als Erzbischof von Managua, Leopoldo Brenes Solorzano, im März zu dessen Erhebung in den Kardinalsrang gratuliert und ihn nach seiner Rückkehr persönlich am Flughafen empfangen. Eine bemerkenswerte Geste, an den sich knapp drei Monate später das erste Treffen mit den Bischöfen anschließen sollte. Doch auf den nächsten Schritt warten die Kirchenvertreter weiter.
Autor: Tobias Käufer, Quelle: KNA
Fotoquelle: Flickr/Presidencia de la República del Ecuador/CC BY-NC-SA 2.0