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Cool, jung, Machtinstinkt – aber kein klares Programm

Eine politische Vorahnung? Mai 2015: der amtierende Präsident Salvador Sánchez Cerén trifft den damaligen Bürgermeister Nayib Bukele. (r.) (Foto: Presidencia El Salvador, Flickr, CC0 1.0)

Schwarze Lederjacke, Vollbart, mit Gel nach hinten gekämmtes, langes Haar. Ein Rocker-Image pflegt der Mann, der kommenden Sonntag bei der Präsidentschaftswahl in El Salvador für eine Sensation sorgen könnte: Nayib Bukele, 37 Jahre jung, ehemaliger Bürgermeister, Kandidat der Mitte-Rechts Partei Grosse Allianz für die Nationale Einheit (Gana). Er ist derjenige, dem es erstmals gelingen könnte, das Zwei-Parteien-System zu durchbrechen,das sich nach Ende des Bürgerkriegs 1992 in dem mittelamerikanischen Land etabliert hat. Erlangt keiner der Kandidaten in der ersten Runde eine absolute Mehrheit, wird eine Stichwahl nötig.

“Das ist der Kampf für diejenigen, die von den Regierungen ignoriert und alleine gelassen wurden!”, ruft Bukele beim Abschluss seiner Kampagne in San Salvador in die jubelnde Menge. Er drückt damit aus, was viele Salvadorianer denken: Dass das bislang sich an der Macht ablösende Binom aus der rechten "Republikanisch-nationalistischen Allianz" (Arena) und der linken Ex-Guerrilla "Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti" (FMLN) die Probleme des Landes nicht gelöst hat. Der letzten Umfrage von CID-Gallup zufolge, kann Bukele mit 57% der Stimmen rechnen, vor dem 42-jährigen, in den USA ausgebildeten, Supermarktkönig Carlos Calleja von Arena mit 31% und dem ehemaligen Aussenminister Hugo Martínez, von der seit zwei Perioden regierenden FMLN, der ein eher glanzloses Erbe verteidigt. Martínez kommt auf elf Prozent; im Parlament hat die FMLN bereits seit Mai 2018 keine Mehrheit mehr.

Kein Frieden mit den Banden

Trotz einiger sozialer Reformen im Bildungs- und Gesundheitsbereich blieb das neoliberale Wirtschaftsmodell samt Dollarisierung bestehen, die Armut stagnierte bei 34% und El Salvador blieb mit 60 Morden auf 100.000 Einwohner eines der gewalttätigsten Länder der Erde. Ein Thema, das im Wahlkampf jedoch fast völlig unterging. „Ich glaube, die Politiker haben Angst davor, weil keiner ein Rezept hat und alle irgendwelche Stillhalteabkommen mit den Jugendbanden geschlossen haben“, sagte die Sicherheitsexpertin Veronica Reyna dem Portal „El Faro“.

Auch wenn Bukele sich gerne als Neuling verkauft, hält dieses Image einer genaueren Betrachtung nicht stand. Als Sohn libanesischer Geschäftsleute entstammt Bukele der traditionellen Elite des Landes. Dass er für sein politische Karriere die FMLN bevorzugte und nicht Arena, war zwar ungewöhnlich – aber die Rechnung ging auf. Die FMLN regiert seit 2009, in ihrem Schatten wurde Bukele groß, erst als Bürgermeister von Nuevo Cuscatlán, dann in der Hauptstadt, deren verruchtes Stadtzentrum er mit Parks und Fußgängerzonen verschönerte. Doch das Korsett einer Partei, in der der marxistische Flügel noch immer großen Einfluss hat, wurde schnell zu eng für den ungestümen Jungpolitiker. 2017 wurde er in einem Schnellverfahren ausgeschlossen.

Eine neue Partei

Daraufhin gründete er seine eigene Bewegung „Nuevas Ideas“. Die nötigen Unterschriften hatte er zwar beisammen, aber das Wahlgericht zögerte die Anerkennung so lange heraus, bis die Frist zur Einschreibung für die Präsidentschaftswahlen verstrichen war. Die Partei "Cambio Democratico", mit der er sich deshalb zusammschloss, wurde inhabilitiert. Unterschlupf fand er schliesslich bei "Gana", eine Abspaltung von Arena, gegründet 2010 von Gefolgsleuten des ehemaligen Arena-Präsidenten Tony Saca, der inzwischen wegen Korruption verurteilt wurde.

Es wird nicht einfach werden für Bukele gegen die Wahlmaschinerie der etablierten Parteien. In den bürgerlichen Medien wird er als unreifer Opportunist dargestellt. „Seine mangelnde politische Kohärenz ist gefährlich, weil er kein klares Ziel hat“, schrieb Francisco Fermán. Es ist in der Tat unklar, wofür genau er steht. Seine Wahlversprechen könnten populistischer nicht sein: Schaffung von Arbeitsplätzen, höhere Renten, bessere staatliche Gesundheitsfürsorge, Korruptions- und Verbrechensbekämpfung. Seine eigenen Wahlkampffinanzen sind obskur, wer ihn im Kabinett begleiten würde, ist unbekannt, und an TV-Duellen nahm er nicht teil. Wie Bukele mit einem von Arena kontrolliertem Kongress und Generalstaatsanwalt zurecht kommen wird, sprich, wie regierungsfähig er sein wird, besorgt nicht nur die Finanzmärkte.

Autorin: Sandra Weiss

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Panorama | 01.02.2019

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